IT-Firmen: 3Com

3Com auf dem Weg zu neuen Ufern

14. März 2008, 15:11 Uhr |

3Com hat wie kein anderer etablierter Infrastruktur-Hersteller Anteile in seinem Kernmarkt Ethernet-Switching eingebüßt. Nun ist auch das Geschäft mit Huawei und der Investmentfirma Bain Capital Partners am Widerstand der amerikanischen Regierung gescheitert. Wie es künftig weitergeht erklärte Jörg Kracke, Geschäftsführer D/A/CH bei 3Com in einem Interview, das Michael Piontek für die Kollegen von CRN führte.

CRN: Nun wird Huawei also keine Anteile an 3Com halten, und 3Com wird keine 2,2 Milliarden Dollar einstreichen.

Kracke: Zunächst möchte ich betonen, dass die Übernahme durch Bain Capital nur verschoben wurde. Das Geschäft sah vor, dass es bei einer Minoritätsbeteiligung von Huawei geblieben wäre. Wir sind ein gesundes Unternehmen und auch ohne Investor auf Wachstumspfad. Sicherlich wären wir mit der Finanzspritze in der Lage gewesen, viele der Technologien, die in unserem R&D-Bereich noch in der Entwicklungsphase stecken, schneller auf den Markt zu bringen.

CRN: Die Situation ist dadurch nicht leichter geworden. 3Com hat mit Juniper zudem einen weiteren Konkurrenten hinzubekommen. Wie reagieren Sie darauf?

Kracke: Juniper hat sich im hochpreisigen Segment positioniert. 3Com dagegen ist Preis-Performance- Leader. Wir sind die smarte Ergänzung in großen Netzwerken, auch im Enterprise-Segment. Deswegen sehe ich eher HP Procurve als unseren Mitbewerb. Dabei ist die Marktsituation in Europa eindeutig: für uns ist Verdrängung die nächste Herausforderung.

CRN: Was soll Kunden von 3Com überzeugen?

Kracke: Wir haben die interne Organisationsstruktur bereits umgebaut und werden stark in direkte Kundenansprache und Telemarketing investieren. Alle diese Dienste wickeln wir immer stärker im eigenen Haus ab. Außerdem hat 3Com den Service als Kernkompetenz definiert. Unser Call-Center und der technische Support wurden ebenfalls inhouse zurückgeholt und arbeiten im 24x7-Betrieb. Die Kunden sind inzwischen bereit, für diese Dienstleistungen zu zahlen. Die »Geiz ist geil«-Mentalität hat sich überlebt.


Jörg Kracke: "Geiz ist geil
ist out."

CRN: Und auf Produktseite?

Kracke: Wir hinken der technologischen Entwicklung keineswegs hinterher -- im Gegenteil verstehen wir uns als Innovator. So haben wir ein Betriebssystem in unserem gesamten Switching- und Routing-Portfolio und liefern Layer-3-Funktionen in der Basislizenz mit aus. Damit dieses Basic- Image in all seiner Funktionskraft problemlos läuft, haben wir beispielsweise die Speicher all unserer Router voll ausgebaut. Außerdem führen wir keine OEM-Produkte in unserem Enterprise-Portfolio.

CRN: Wie wollen Sie sich aber differenzieren?

Kracke: Die Kunden werden bei der Netzwerkinfrastruktur einige Funktionen voraussetzen, die dann zwangsläufig Commodity werden. Wir müssen über diese Allgemeinplätze oder Fixed-Functions hinausgehen, ohne aber den Kunden proprietäre Lösungen aufzudrängen. Daher haben wir unser Portfolio über die Open-Source-Plattform »OSN« der großen Internet-Community geöffnet.

CRN: Open-Source klingt nach Bastelarbeit, die Enterprise-Kunden eher abschreckt als überzeugt, unter anderem weil der Support fraglich ist.

Kracke: Wir bauen hier keine Open-Source-Spielplatzlösungen. Wir zertifizieren die Integration und die Applikationen, die aus der Community kommen. Diese Integrationsfähigkeit haben wir bereits bei unseren Multiservice- Routern bewiesen. Dort haben wir beispielsweise das Bandbreitenmanagement von Expand Networks integriert.

CRN: Wie wollen Sie Ihre Partner auf diese Plattform und vor allem die Applikationsideen dahinter, vorbereiten?

Kracke: Ich möchte meine bestehenden Partner an neue Themen heranführen, die bereits über die OSN-Plattform umsetzbar sind. Dazu sollten sich die Reseller aber auf bestimmte Gebiete konzentrieren, vor allem kleine Häuser werden so zu spezialisierten Subresellern in größeren Projekten.

CRN: Welche Themen?

Kracke: Der Bereich Voice ist der Hauptfokus. 3Com bietet heute IP-Voice Solutions für Kunden jeder Größe an. Bereits seit 1998 führen wir eine Konvergenzlösung im Portfolio, wobei wir als 3Com hier ein Momentum verpasst haben. Aber eine komplett angepasste Lösung für den deutschen Markt, die »VCX Connect«, kommt Mitte dieses Jahres. Für Partner sehe ich Potenzial im Callcenter-Segment und bei der Applikations-Einbindung, beides über unsere offene SIP-Architektur realisierbar. Wir werden aber auch Asterix auf unserer OSN-Plattform supporten.

Als zweites sehe ich Security, im Infrastrukturbereich vor allem Network- Access-Control (NAC). Mit der Intrusion-Prevention-Technologie von Tippingpoint hat 3Com Kompetenz auf dem Gebiet Security bereits im Haus. Aber auch hier setzen wir auf die Arbeit der Community. Denn NAC gehört keinem Hersteller allein. Schließlich sind völlig neue Themen wie die Videoüberwachung interessant. Auf diesem Gebiet sind wir bereits in China auf dem Markt erfolgreich. Übrigens wissen die wenigsten, dass wir dort in China mit Cisco im Infrastrukturmarkt gleichauf sind.


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