Baerbock als Moses

Anzeige von Lobbyverband INSM polarisiert auch IT-Branche

14. Juni 2021, 13:44 Uhr | Martin Fryba
„Verbote haben noch nie ins gelobte Land geführt“, sagt Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM und lässt mit Anzeigen in überregionalen Tageszeitungen und im Netz Stimmung gegen die Grünen freien Lauf
© INSM

„Geschmacklose Hetze“ oder „völlig berechtigte Kritik“? Die Kanzlerkandidatin der Grünen mit Moses-Tafeln unterm Arm: Dieses von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) gemalte Sittengemälde spaltet. Nicht nur der Arbeitgeberverband BDA kritisiert die Kampagne.

Wie einst Mose die zehn Gebote Gottes empfing, verkündet Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin der Grünen, eine „Staatsreligion“, gegen die die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in ihrer Anzeigen mobilisiert. „Du darfst nicht am Freihandel teilnehmen“, heißt es plakativ im „Verbot“ zwei,  „du darfst deine Arbeitsverhältnisse nicht frei aushandeln“ steht unter acht. Am vergangenen Freitag zum Start des Grünen Parteitags war das Motiv als Anzeige in den überregionalen Zeitungen FAZ, Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel und Handelsblatt erschienen. Der Spiegel hatte den Anzeigenkunden mit diesem Motiv abgewiesen.


In den Sozialen Netzwerken wie Twitter stößt die Kampagne überwiegend auf Ablehnung. Auch die im B2B-Netzwerk Linkedin kommentierten Beiträge zu entsprechen Posts zeigen meist Unverständnis. Nutzer sprechen von „verleumderischen, diffamierenden, hetzerischen Aussagen“.  Auch IT-Unternehmer zeigen Unverständnis, zumal viele die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit differenzierter und Ökologie und Ökonomie durchaus im Einklang sehen.


„Traurig, wie tief man sinken kann“, kommentiert Franz Obermayer, Chef des Systemhauses Fox IT. Unternehmer sieht er gefordert, „zur Klimaneutralität und zur Veränderung beizutragen“. Das „Problem“ sei „auch mit rückwärtsgewandter Hetze nicht zu kaschieren“. Vereinzelt gibt es auch Zustimmung einiger Teilnehmer auf Linkedin zum Kampagnenmotiv der INSM.

BDA distanziert sich
Indes haben sich Arbeitgeberverbände  von der polarisierenden Kampagne distanziert. „Persönliche Herabsetzungen und eine misslingende Verwendung christlicher Symbolik sind kein angemessener Umgang im notwendigen Wettstreit um politische Inhalt“,  zitiert Spiegel Online die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). „Das ist nicht der Stil der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Sozialpartnerschaft ist vom gegenseitigen Respekt getragen“, heißt es weiter.


Auch Vertreter der christlichen Kirchen und des jüdischen Glaubens kritisieren die Anzeige und sehen darin religionsfeindliche und antisemitische Stereotype bestätigt – ob aus Kalkül oder schlicht mangelhafter Bildung der biblischen Moses-Erzählung. „Verbote haben noch nie ins gelobte Land geführt“, mokiert sich überdies Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM.


Über die Kosten der Anzeigen machte INSM keine Angaben. Die Lobbyorganisation wird von der Metall- und Elektroindustrie finanziert.


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