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Das iPad fliegt aus dem Bundestag

23. Juni 2010, 8:54 Uhr | Bernd Reder

Welch ein Skandal: Da erdreistet sich ein Bundestagsabgeordneter der FDP doch glatt, eine Rede vom iPad abzulesen. Dieser Lümmel. Denn in Deutschland, der Nation, den den Buchdruck erfand, gilt: Im Parlament wird von Papier abgelesen!

So nicht, Herr Schulz! Der FDP-Bundestagsabgeordnete wagte es, eine Rede nicht von solidem deutschen Papier, sondern einem amerikanischen iPad abzulesen.
So nicht, Herr Schulz! Der FDP-Bundestagsabgeordnete wagte es, eine Rede nicht von solidem deutschen Papier, sondern einem amerikanischen iPad abzulesen.
Zur iPad-freien Zone will das Präsidium den Deutschen Bundestag erklären. Mit welcher Begründung, ist noch offen. (Foto: Deutscher Bundestag/Achim Melde)
Zur iPad-freien Zone will das Präsidium den Deutschen Bundestag erklären. Mit welcher Begründung, ist noch offen. (Foto: Deutscher Bundestag/Achim Melde)
Der wahre Grund, warum das iPad nicht in den Bundestag soll: Abgeordnete könnten der Versuchung erliegen, während langweiler Reden von Kollegen sinnvolle Dinge zu tun.
Der wahre Grund, warum das iPad nicht in den Bundestag soll: Abgeordnete könnten der Versuchung erliegen, während langweiler Reden von Kollegen sinnvolle Dinge zu tun.

Ein gewisser Herr Steve Jobs, wohnhaft im US-Bundesstaat Kalifornien, wird sich ins Fäustchen lachen. »Die Leute lieben das iPad, je stärker es Teil ihres Alltags wird«, sagte der Chef von Apple. »Wir arbeiten hart daran, dieses magische Produkt immer mehr Menschen weltweit in die Hände zu geben.«

Tja, Herr Jobs, ganz so einfach ist das nicht. Denn es mag ja sein, dass Apple, wie der Hersteller stolz verkündete, innerhalb von 80 Tagen nach Verkaufsstart bereits 3 Millionen der Tablet-Rechner abgesetzt hat. Aber es sieht ganz so aus, als hätte ein kleines – nein, nicht gallisches, sondern teutonisches – Dorf dem Weißen Imperium den Kampf angesagt: der Deutsche Bundestag.

Denn ein bayerischer FDP-Bundestagsabgeordneter mit dem typisch bayerischen Namen Jimmy Schulz wagte es als erster deutscher Parlamentarier, seine Rede von einem iPad abzulesen. Und das im Land der Dichter, Denker und Buchdrucker!

Die Sache wird geprüft

Immerhin schaffte es Schulz, das Bundestagspräsidium so zu verwirren, dass dieses ihm das Ablesen seiner Auslassungen vom iPad nicht adhoc untersagte. Vermutlich mussten die Damen und Herren erst eruieren, von welch merkwürdigem »Papier« der böse Schulz da ablas.

Doch das dicke Ende folgte: Ein Bundestagspräsident wies den Abgeordneten darauf hin, dass es nicht zulässig sei, ein iPad einsetzen. Warum, wusste der Chef-Parlamentarier zwar nicht. Das soll jetzt der Geschäftsordnungsausschuss (er-)klären.

Bundestags-iPad – sponsored by …

Steve Jobs wird trotz des Bundestags-Banns für das iPad hochzufrieden, ob des unverhofften Werbeeffekts für das Edelteil.

Vielleicht sollte der clevere Marketing-Guru einfach jedem der 598 Abgeordneten kostenlos ein iPad zur Verfügung stellen.

Das hieße dann, dass das Gerät bei jeder TV-Übertragung aus dem Bundestag zu sehen wäre. Dafür wiederum könnte Herr Jobs dem klammen Finanzminister Schäuble ja eine kleine Spende zukommen lassen.

Eine Bundestagsreden-App muss her

Ob durch diese Technik-Offensive allerdings die Qualität der Reden im Bundestag steigen würde, ist stark zu bezweifeln. Doch möglicherweise erbarmt sich ein findiger Programmierer und schreibt eine entsprechende App.

Allzu schwer ist das sicherlich nicht: Einfach ein paar gängige Worthülsen sammeln und diese automatisch in ein wechselndes kontextuales Muster einbinden: »Ausgewogene Verantwortlichkeiten auf bilateraler Ebene vor dem Hintergrund kollateraler Kooperationsmodelle, die im Geiste vertrauensbildender Maßnahmenkataloge …«


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