Gastkommentar

Die »qualifizierten Arbeitszeugnisse« abschaffen!

24. März 2010, 10:58 Uhr | Lars Bube
Für Personalberater Frank Adensam ist das qualifizierte Arbeitszeugnis ein veraltetes Modell, das deutlich mehr Aufwand als Nutzen schafft.

Über 30 000 Prozesse werden Jahr für Jahr wegen Arbeitszeugnissen geführt. Dabei werden diese Dokumente, sieht man von den darin enthaltenen Tätigkeitsbeschreibungen ab, von den Personalverantwortlichen kaum noch gelesen. Personalberater Frank Adensam plädiert deshalb dafür, das »qualifizierte Arbeitszeugnis« endlich abzuschaffen – zumal kein anderes Land weltweit eine solche Arbeitzeugnis(un)kultur wie Deutschland kennt.

Klaus Schultz (Name geändert), ehemaliger Leiter Qualitätsmanagement (QM) in der chemischen Industrie konnte es kaum glauben, als er im Beratungsgespräch beim Personalberater erfuhr, welche Botschaften er mit seinem Arbeitszeugnis in jeder Bewerbungsmappe mittransportierte. Schlagartig war ihm klar, warum seine Bewerbungskampagne so zäh und erfolglos verlief.

Chronologisch geschah folgendes: Drei Monate vor seinem Ausscheiden nach fünfjähriger erfolgreicher Tätigkeit als Leiter QM in einem großen Chemiekonzern verließ sein langjähriger Vorgesetzter das Unternehmen. Mit dem Nachfolger kam er nicht zurecht. Der allerdings schrieb ihm das Arbeitszeugnis für die gesamten fünf Jahre. Es war vernichtend. Dr. Schultz ließ sich rechtlich beraten und zog vors Arbeitsgericht. Es wurde um Formulierungen gestritten und nach zwei Kammerterminen einigte man sich auf einen Kompromiss.

Zwischenzeitlich bewarb sich Dr. Schultz erfolgreich bei einem kleineren Life-Science-Unternehmen und wurde dort angestellt. Das Arbeitszeugnis reichte er nach. Dieser neue Arbeitgeber musste allerdings zwei Jahre später Personal abbauen. So kam Dr. Schultz im Rahmen eines Outplacements zu uns in die Beratung. Ich sprach ihn schon zu Beginn des ersten Beratungsgesprächs auf die Ungereimtheiten in seinem Arbeitszeugnis an. Er war überrascht, dass sein Zeugnis trotz anwaltlicher Beratung immer noch unterschwellige Negativ-Botschaften enthielt und berichtete mir die Geschehnisse bei seinem Vorarbeitgeber.


  1. Die »qualifizierten Arbeitszeugnisse« abschaffen!
  2. Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Gerichte
  3. Überflüssige Mehrarbeit für »Personaler«
  4. Viel Arbeit, aber wenig Aussagekraft
  5. Quelle von Missverständnissen
  6. Fazit: In globaler Arbeitswelt nicht mehr zeitgemäß

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