IT-Firmen: Oracle / Sun Microsystems

EU-Kommission verzögert Übernahme von Sun durch Oracle

4. September 2009, 9:22 Uhr | Bernd Reder

Die US-Kartellbehörden haben die Übernahme von Sun Microsystems durch Oracle abgesegnet. Anders dagegen in Europa: Die EU-Wettbewerbskommission nimmt den Deal kritisch unter die Lupe. Das könnte vier Monate Verzögerung bedeuten.

Auf eine erhebliche Verzögerung muss sich Oracle einstellen, was die Übernahme des Server- und Storage-Spezialisten Sun Microsystems betrifft. Wie berichtet, will Oracle für Sun rund 7,4 Milliarden Dollar auf den Tisch legen. Die Wettbewerbskommission der Europäischen Gemeinschaft kündigte nun am Donnerstag (3. September) an, sie werde nach einer ersten Prüfung weiter gehende Untersuchungen durchführen.


EU-Wettbewerbskomissarin Neelie
Kroes lässt die Übernahme von Sun
durch Oracle detailliert prüfen.

Der Hintergrund: Durch den Kauf von Sun könnte Oracle laut der EU im Bereich Datenbanken eine marktbeherrschende Stellung einnehmen. Oracle bietet mit Oracle 11g eines der weltweit führenden Produkte in diesem Bereich an. Sun wiederum kaufte im Januar vergangenen Jahres MySQL, die führende Open-Source-Datenbank-Plattform.

»Die Kommission muss sehr sorgfältig die Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation in Europa prüfen, wenn der größte Anbieter proprietärer Datenbanksysteme den führenden Anbieter von Open-Source-Datenbanksoftware übernimmt«, sagte EU-Kommissarin Neelie Kroes. Die Kommission hat bis zu 19. Januar 2010 Zeit, um eine endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Deals zu treffen.

Unverständnis seitens Oracle

Oracle reagierte auf die Ankündigung der Kommission mit einer spartanisch gehaltenen Pressemitteilung. Darin teilte das Unternehmen mit, dass die EU zusätzliche Informationen bezüglich des Kaufs von Sun angefordert habe. Die Kommission sei in Phase 2 der Untersuchung eingetreten.

Dass der Software-Riese kein Verständnis für das Vorgehen der EU hat, belegt der Hinweis, dass das amerikanische Justizministerium der Übernahme von Sun ohne Vorbedingungen zugestimmt habe.

Im Segment relationale Datenbanken war Oracle mit rund 9,2 Milliarden Dollar Umsatz im vergangenen Jahr der weltweit größte Anbieter. Der Markt hatte ein Volumen von rund 19 Milliarden Dollar. Sun erzielte mit MySQL-Lizenzen und entsprechenden Supportdienstleistungen einen Umsatz von 300 Millionen Dollar.

Freude bei der Konkurrenz

Für die Konkurrenten von Oracle und Sun kommt die Verzögerung der Transaktion wie gerufen. Speziell IBM, Dell und Hewlett-Packard versuchten bereits unmittelbar nach Bekanntwerden des Übernahmeangebots von Oracle an Sun im April, Kunden von Sun mit speziellen Angeboten und Rabatten zu ködern. Teils ging es um Anwender, die Server- und Speichersysteme des Übernahmekandidaten einsetzten, teils um Firmen, die MySQL verwenden.

IBM beispielsweise umgarnt seit April gezielt die Topp-300-Kunden von Sun. Der Hersteller hat nach eigenen Angaben bereits rund 60 Anwender zum »Überlaufen« bewegen können.

Hewlett-Packard setzt dagegen auf das Argument Kosten: Das Unternehmen argumentiert, dass ein Anwender rund 50 Prozent sparen könne, wenn er Oracle-Datenbanksoftware auf HP-Servern statt auf Maschinen von Sun laufen lässt.

Dell wiederum hat preisgünstige Pakete geschnürt, die aus Servern, Speichersystemen und Switches bestehen. Auch damit zielt das Unternehmen speziell auf Sun-Kunden, die durch die Übernahme ihres Lieferanten verunsichert sein könnten.


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