Prozess um gebrauchte Online-Software

EuGH muss über Gebrauchtsoftware entscheiden

3. Februar 2011, 10:20 Uhr | Lars Bube
Die Richter des BGH verwiesen den Fall an ihre europäischen Kollegen. (Bild: Susen)

Im mit Spannung erwarteten Prozess um die Rechtmäßigkeit des Weiterverkaufs gebrauchter Software aus Onlinequellen konnte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe heute keine Entscheidung fällen. Da das Thema alle EU-Staaten betreffe, muss jetzt der EuGH eine abschließende Entscheidung finden.

Mit Spannung schaute am Donnerstag die gesamte Softwareindustrie nach Karlsruhe: Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) stand eine Grundsatzentscheidung über die Rechtmäßigkeit des Weiterverkaufs von online erworbenen Softwareprodukten und –Lizenzen an. Dabei wurden jedoch alle Seiten überrascht: nach monatelanger Vorbereitung mussten die Bundesrichter passen und verwiesen das Thema weiter an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Frage betreffe alle Märkte Europas gleichermaßen, vor allem nachdem die relevanten Urheberrechts-Vorschriften zum Erschöpfungsgrundsatz im deutschen Urheberrecht einer EU-Richtlinie entstammen, so die Begründung der 1. Kammer des BGH. Eine endgültige Entscheidung wird damit frühestens in ein bis zwei Jahren erwartet.

Obwohl also die erwartete Entscheidung ausblieb, freuten sich beide Seiten des Streites über dieses Ergebnis und gaben sich siegessicher für die Verhandlung vor dem EuGH. »Microsoft begrüßt die Vorlage zum EuGH.«, stellte etwa Dr. Severin Löffler, Senior Director Legal and Corporate Affairs der Microsoft Deutschland GmbH, nach der Bekanntgabe fest. »Wir erwarten, dass der EuGH der in Deutschland vorherrschenden Auffassung folgt und dem Handel mit gebrauchter Software enge Grenzen setzt. Insbesondere der Handel mit angeblich gebrauchten Vervielfältigungsrechten sollte dabei klar von der Zustimmung des Rechteinhabers abhängig gemacht werden«.

Dafür spreche auch das am 14. März 2010 in Kraft getretene Welturheberrechtsabkommen, kurz WCT. Dessen Unterzeichner, einschließlich Deutschland und der EU, haben in einer gemeinsamen Erklärung zu Artikel 6 WCT klargestellt, dass sich das 'Erschöpfungsprinzip' nur auf fixierte Werkstücke, so genannte 'fixed copies', bezieht, die als körperliche Gegenstände, also als 'tangible objects', in den Verkehr gebracht werden können. Für Löffler steht deshalb fest: »Der Handel mit bloßen Nutzungsrechten ist damit ohne Zustimmung des Rechteinhabers unzulässig. Die Vorlageentscheidung ändert nichts an dem seit Jahrzehnten geltenden Grundsatz, dass jeder, der eine vermeintlich gebrauchte Lizenz erwirbt, en detail darlegen und beweisen muss, wann diese erstmals vergeben wurde und wann sie wie über welche weiteren Lizenznehmer bis zum jetzigen, vermeintlichen Inhaber gelangt ist.«


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