KVM-Switches: Trends und Einsatzszenarien

Für eine Hand voll Server

31. Mai 2008, 16:37 Uhr |

KVM-Switches – Während sie in großen Rechenzentren schon fast zum Standardequipment gehören, sind Tastatur-, Maus-, Monitorumschalter in kleinen IT-Installationen eher selten zu finden. Dabei offerieren die bekannten Hersteller auch für die Steuerung einiger weniger Computer unzählige Produkte.

Sie erlauben schnellen und bequemen Zugriff über eine zentrale Konsole, senken IT-Betriebskosten und reduzieren den Platzbedarf im Serverraum. Diese Vorteile bieten KVM-Switches nicht nur großen Organisationen, sondern auch kleinen und mittelständischen Unternehmen, die vielleicht nur sechs, sieben Server in einem engen Raum untergebracht haben. Network Computing testete während der vergangenen zehn Jahre zwar regelmäßig auch KVM-Switches, konzentrierte sich dabei aber immer auf Geräte der so genannten Enterprise-Klasse. Diesmal jedoch geht es um Produkte, die für kleinere IT-Installationen geschaffen sind. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Rede ist nicht von Einstiegsprodukten, denn solche besitzen oft nur eine eingeschränkte Funktionalität. Die Rede ist von ausgewachsene KVM-Systemen, die auf die Bedürfnisse kleinerer Unternehmen zugeschnitten sind.

Die meisten Hersteller von KVM-Switches haben ein fast unüberschaubar großes Angebot. Um nicht selbst die Qual der Wahl zu haben, forderte Network Computing keine spezifischen Geräte zum Test an, sondern gab neun Anbietern ein Szenario vor. Dieses Vorgehen erleichterte nicht nur die Produktauswahl, sondern diente auch dazu herauszufinden, welches Produkt aus seinem Sortiment der jeweilige Hersteller für den vorgegebenen Einsatz empfiehlt. Der Produzent sollte schließlich am besten wissen, welcher KVM-Switch sich eignet.

Das Szenario
Die Anforderung lautete: Gesucht wird ein KVM-Switch für ein relativ kleines Netzwerk, in dem ein Administrator Zugriff auf vier Server mit Windows-Server-2003 sowie zwei Linux-Maschinen benötigt. Der Zugriff soll überwiegend lokal erfolgen, der Administrator arbeitet also im Normalfall direkt im Serverraum. Wünschenswert ist allerdings die Möglichkeit, gelegentlich von einem etwa 100 Meter vom Serverraum entfernten Büro aus zu operieren. Sämtliche Maschinen nutzen PS/2-Tastatur- und -Mausanschlüsse. Vernetzt sind die Systeme über 100-MBit/s-Switches. Das eingesetzte Netzwerkprotokoll ist TCP/IP. Lokal (im Serverraum) sollen ein Bildschirm, eine Tastatur und eine Maus genutzt werden. Die KVM-Lösung sollte skalierbar sein, damit sich künftig weitere Server unterstützen lassen. Ein 19-Zoll-Rack ist nicht vorhanden.

Den Herstellern blieb damit viel Spielraum bei der Auswahl eines geeigneten Geräts und der Technik. Weder KVM-over-IP-Fähigkeiten noch die Verwendung von Cat-5/6-Kabeln wurden explizit vorgeschrieben. Somit überraschte es nicht, dass schließlich neun KVM-Switching-Produkte eintrafen, die sich nicht nur optisch voneinander unterschieden, sondern auch in der genutzten Technik, der Portanzahl und der Realisierung des Remote-Zugriffs. Gemeinsam hatten die Produkte eigentlich nur, dass sie alle Anforderungen des Szenarios tatsächlich erfüllten und dass es sich um Geräte handelte, die für den Einbau in ein 19-Zoll-Rack vorgesehen sind. Dieses zuletzt genannte Merkmal verwundert ein wenig, denn die Hersteller wurden darauf hingewiesen, dass ein 19-Zoll-Rack nicht vorhanden sei. Da aber gleichzeitig skalierbare Systeme gefordert wurden, ist die Wahl dieses Formfaktors nachvollziehbar. Außerdem spricht ja nichts dagegen, auch ein solches Gerät auf den Schreibtisch zu stellen. Trotzdem bleibt bemerkenswert, dass nicht ein einziger KVM-Switch als Auf-Tisch-Gerät geliefert wurde – die Technik ließe sich sicher in kleineren Gehäusen unterbringen. Gerade bei KVM-Switches, die mittels Tasten auf der Gerätevorderseite eine direkte Umschaltung erlauben – davon gab es unter den Testkandidaten gleich sechs –, würde ein kleineres Gerät auf dem Schreibtisch dem Benutzer die Arbeit erleichtern.

Für den Anschluss der zu steuernden Computer nutzten fünf Systeme Cat-5/6-Kabel und Schnittstellenadapter, die übrigen vier spezielle KVM-Kabel. Gegen die Verwendung von KVM-Kabeln spricht, dass sie im Handel möglicherweise schwieriger zu finden sind als Standard-UTP/STP-Kabel. Andererseits sind die für einen spezifischen KVM-Switch passenden Schnittstellenadapter auch nicht unbedingt im Computerladen um die Ecke zu haben. Cat-5/6-Kabel können offenbar größere Entfernungen zwischen dem KVM-Switch und den angeschlossenen Computern überbrücken: Das mit neun Metern längste KVM-Kabel offerierte Guntermann & Drunck, während Raritan angibt, mit UTP bis zu 45 Meter zu unterstützen.

Die Einrichtung der KVM-Switches für die Arbeit über die lokal dran angeschlossene Konsole war bei allen neun Geräten einfach und beschränkte sich zumeist auf das Anschließen der zu steuernden Computer, der lokalen Konsole und das Einschalten des Geräts. Konfiguriert werden alle Systeme über ein On-Screen-Display (OSD). Diese OSDs unterscheiden sich nicht großartig voneinander. Für den Zugriff auf das OSD und die Umschaltfunktionen lässt sich bei allen Switches ein Passwort einstellen. Für das vorgegebene Szenario mit einem Administrator, der überwiegend mit der lokalen Konsole im Serverraum arbeitet, reichte diese Sicherheitsfunktion bereits aus. Trotzdem enthielten alle neun Switches zusätzliche Sicherheits-Features, darunter Benutzerkonten und Zugriffsrechte pro Port, teilweise auch deutlich mehr.

Alle Geräte erlaubten ein bequemes und schnelles Umschalten über konfigurierbare Hot-Keys und das OSD, sechs der neun Produkte auch über Umschalttasten. Die angeschlossenen Computer ließen sich über die lokale Konsole einwandfrei steuern. Unterschiede gab es hier lediglich in der maximal unterstützten Auflösung, die von 1280 x 1024 (Avocent) bis zu 2048 x 1536 (Daxten) reichte.

Zugriff aus größerer Entfernung
Den Zugriff aus dem etwa 100 Meter vom KVM-Switch und den Computern entfernten Büro des Administrators realisierten die Geräte mit zwei verschiedenen Techniken: KVM-over-IP und KVM-Extender. Ein KVM-Extender tut wirklich nicht mehr, als die KVM-Signale zu verstärken und damit größere Entfernungen zu ermöglichen. Diese Lösung hat zwei Nachteile, aber gegenüber KVM-over-IP auch zwei große Vorteile. Die Nachteile: Erstens ist ein zusätzliches Gerät, der Extender, erforderlich, und zweitens kann der Zugriff nur von dem Ort aus erfolgen, an dem der Extender platziert ist. Die Vorteile: Die zu steuernden Computer lassen sich ohne Synchronisationsprobleme wie über die lokale Konsole bedienen, und eine zusätzliche Konfiguration ist in aller Regel nicht erforderlich.

Bei KVM-over-IP dreht sich das um. Die meisten Hersteller, die für den Remote-Zugriff IP- beziehungsweise Web-Technik einsetzen, bekommen die Maussteuerung nicht so richtig in den Griff. Auf Anhieb, also ohne manuellem Eingriff, funktioniert es nur selten, und die Qualität der an einem Extender hängenden Konsole erreichen diese Lösungen eigentlich nie. Auch ist eine zusätzliche Konfiguration erforderlich, die normaler Weise über einen Web-Browser durchgeführt wird. Hier kann es schon das erste Problem geben, denn nicht jeder KVM-Switch unterstützt jeden Browser. So gab es im Test zwei Systeme, die nur Microsofts Internet-Explorer akzeptierten, und zwar nicht nur für die Konfiguration, sondern auch für den Zugriff auf die am Switch angeschlossenen Computer. Organisationen, die beispielsweise Firefox als Standard-Web-Browser nutzen, können mit diesen KVM-Switches wenig anfangen.

Kompliziert kann die Konfiguration dann werden, wenn sich der KVM-Switch seine IP-Adresse nicht standardmäßig per DHCP holt oder gar kein DHCP-Server im Netzwerk zur Verfügung steht. In diesem Fall nutzt das Gerät eine voreingestellte IP-Adresse, die natürlich nur selten zum existierenden IP-Netzwerk passt. Administratoren müssen sich dann mit einer seriellen Konsole behelfen oder erst einen Netzwerkcomputer umkonfigurieren, um auf den KVM-Switch zugreifen zu können. Warum eigentlich erlauben nicht alle Hersteller eine Konfiguration der IP-Adresse über die bereits am Gerät angeschlossene lokale Konsole?

Auf der Plus-Seite steht bei KVM-over-IP natürlich der ortsunabhängige Zugriff auf den KVM-Switch. Dadurch bedingt, muss sich der Administrator allerdings zusätzliche Gedanken über die Sicherheit machen – ein einfacher Passwortschutz reicht hier nicht mehr aus.

Fazit
Trotz unterschiedlicher Technik erfüllten alle neun getesteten KVM-Switches die vorgegebenen Anforderungen. Wer tatsächlich nur von einem einzelnen, weiter entfernten Arbeitsplatz aus zugreifen möchte, erhält mit einem einfachen KVM-Switch plus Extender eine Lösung, die an der Qualität der Remote-Konsole keine Abstriche macht. Die Systeme, die KVM-over-IP unterstützen, sind, was die Standortwahl betrifft, flexibler. Dafür aber sind sie aufwändiger zu konfigurieren und sollten zusätzlich geschützt werden. Die Preise pro Port lagen zwischen 39 und 207 Euro.
dj@networkcomputing.de


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