Bundesbank blickt auf Firmenpleiten

Härtetest für das Finanzsystem

14. Oktober 2020, 8:42 Uhr | Martin Fryba
© Bundesbank

Sind Banken in Deutschland gerüstet für die kommende Insolvenzwelle? Was passiert, »wenn bei einem stotternden Motor auch noch ein Reifen platzt«, wie Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling in die nahe Zukunft blickt.

COVInsAG, das Insolvenzaussetzungsgesetz, hat bisher eine Pleitewelle von Unternehmen verhindert. Der  Bundestag hat das bis 1.Oktober 2020 befristete Gesetz nicht bis ins kommende Frühjahr verlängert, sondern modifiziert bis Jahresende. Demnach müssen Unternehmen bei festgestellten Voraussetzungen für eine Insolvenz diese ab sofort beim zuständigen Amtsgericht stellen. Befreit von der Insolvenzanzeigepflicht sind bis Jahresende nur coronabedingt überschuldete Firmen, die dennoch zahlungsfähig sind.


Die Bundesbank geht davor aus, dass in den ersten Monaten des kommenden Jahres die Zahl der Firmenpleiten rapide steigen wird - auf 6.000 Insolvenzen pro Quartal. Immer wieder ziehen Ökonomen Vergleiche zur Finanzkrise 2008/2009. Auch jetzt wieder: Laut Bundesbank hätten damals in einem Quartal rund 8.000 Unternehmen Insolvenz angemeldet. Die Situation damals und heute ist dennoch nicht vergleichbar.


Den Banken in Deutschland attestiert die Bundesbank in ihrem am Dienstag vorgestellten Finanzstabilitätsbericht 2020 eine gute Verfassung, sie spürten bislang nur wenige Auswirkungen der Corona-Krise. »Die Banken funktionieren, die Kreditvergabe läuft. Aktuell erfüllt das Bankensystem damit seine zentrale Rolle«, sagt Joachim Wuermeling, das für Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstandsmitglied. Anders als vor zwölf Jahren müssten Banken aktuell kaum Kreditausfälle verkraften, ihre Eigenkapitalqouten seien solide, Kapitalpuffer vorhanden, stellt die Bundesbank fest. Grund zur Sorge gibt es dennoch.


Der »Härtetest« stehe dem Finanzsystem erst noch bevor. Der Worst Case: Insolvenzen und damit verbundene unerwartet hohe Kreditausfälle. Dies hätte zur Folge, dass Banken aufgrund steigender Ausfallrisiken ihre Kreditvergaben einschränken, schon allein deshalb, um die von der Bankenaufsicht geforderte Eigenkapitalquote einhalten zu können. Die Folgen: Eine sich zaghaft erholende Konjunktur würde abgewürgt und ginge in einen Wirtschaftseinbruch über.


Wer soll das bezahlen?
Hinzu kommen weitere belastende Faktoren für Banken. Niedrigzinsen beispielsweise. Die Zinspolitik ist ein mittlerweile ausgeschöpftes geldpolitisches Instrument der Währungshüter, das Sparer und Banken nicht nur keine Erträge mehr erwirtschaften lässt, sondern obendrein mit negativen Einlagezinsen bestraft.


Wachstum und Leben auf Pump heißt die Devise, die Volkswirtschaften sowie Unternehmens- und Staatsfinanzierungen seit Jahren am Laufen hält. Wie man die Nullzinsphase überwindet, wie die EZB ihre Billionen-Kredite durch den Ankauf von Firmenanleihen (mit negativen Renditen!) jemals wieder eintreiben will, dafür gibt es keine Konzepte. Sondern nur einen Tipp von Währungshüter Wuermeling an nicht gerade glänzende deutsche Geschäftsbanken, die mit Niedrigzinsen und Strukturwandel klar kommen müssen: »Es ist unschön, wenn bei einem stotternden Motor auch noch ein Reifen platzt«.

 

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