Interview

»Investitionszurückhaltung bei neuen Projekten«

1. Dezember 2009, 8:40 Uhr |

Die Systemhausgruppe GFT AG ist an 20 Standorten in sieben Ländern präsent, rund 1.000 Mitarbeiter sowie 1.300 freiberufliche IT-Spezialisten sind für das Unternehmen im Einsatz. Zahlreiche Kunden im Finanzsektor bilden ein wichtiges Standbein. CRN sprach mit dem Vorstandsvorsitzenden Ulrich Dietz über das Krisenjahr 2009 und seine Strategie für 2010.

CRN: Ihr Systemhaus betreut viele Kunden im Finanzsektor. Haben Sie die Bankenkrise dadurch frühzeitig kommen sehen, oder wurden Sie wie zahlreiche andere Unternehmen »kalt« erwischt?
Dietz: Nein, »kalt erwischt« wurden wir von der Krise nicht. Zwar gingen die Turbulenzen in der Finanzbranche auch an uns nicht spurlos vorüber, doch waren wir dadurch, dass wir an Kernprozessen der Banken beteiligt sind, nicht so stark Schwankungen ausgesetzt wie dies in anderen Bereichen der Fall gewesen wäre. Wir arbeiten an langfristigen Projekten mit unseren Kunden, die zu einem großen Teil auch die Weiterentwicklung und Wartung von Systemen umfassen. Eine Investitionszurückhaltung hingegen spürten wir bei neuen Projekten sowie in der Nachfrage nach freiberuflichen IT-Spezialisten.

CRN: Das Jahr 2009 ist zwar noch nicht abgeschlossen, dennoch kurz gefragt: Wie lautet für die GFT AG Ihr vorläufiges Resümee zum »Krisenjahr« 2009?
Dietz: Vor dem Hintergrund durchaus schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen ziehen wir eine positive Bilanz des Jahres. Die Entwicklung bestätigt unsere Erwartungen. Wir haben frühzeitig die richtigen Maßnahmen zur Kostensenkung ergriffen. Im dritten Quartal gab es bereits erste Anzeichen einer konjunkturellen Erholung, die sich positiv auf unseren Geschäftsverlauf auswirkten. Mit unseren drei Geschäftsbereichen Services, Resourcing und Software sind wir gut aufgestellt und werden die Möglichkeiten, die sich uns in einem aufhellenden Marktumfeld bieten, konsequent nutzen.

CRN: Im Jahr 2006 konnten Sie Ihr Unternehmen durch einen Zukauf um das Geschäftsfeld Personalüberlassung erweitern. Hat sich dieser Schritt auch noch aus heutiger Sicht bezahlt gemacht?
Dietz: Ja, absolut. Die Möglichkeit, auf freiberufliche IT-Spezialisten schnell zugreifen zu können, bietet unseren Kunden und auch uns selbst die notwendige Flexibilität, um auf Nachfrageschwankungen reagieren zu können. Zudem stellt der Bereich Resourcing eine optimale Ergänzung zu unserem Geschäftsbereich Services dar. Darüber hinaus hat er sich in letzter Zeit immer wieder als Türöffner bei Neukunden bewährt.

CRN: Rechnen Sie in der Systemhausbranche allgemein mit einer krisenbedingten Konsolidierung oder werden die meisten Unternehmen mit einem blauen Auge davonkommen?
Dietz: Eine Konsolidierung als Folge der Krise wird es gewiss geben. Gewinner dabei werden diejenigen Unternehmen sein, die ihre Kunden dabei unterstützen, deren Prozesse effizienter zu gestalten, an Liquidität zu gewinnen und Kosten zu senken. Gleichzeitig spielt die Innovationskraft eines Unternehmens eine immer wichtigere Rolle, da Innovationen Voraussetzung für künftiges Wachstum und somit für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sind.

CRN: Wie sehen aktuell die Chancen für Systemhäuser im Finanzsektor aus? Wird wieder investiert oder sind die meisten Budgets noch eingefroren?
Dietz: Chancen eröffnen sich derzeit vor allem im Bereich innovativer Technologien. Finanzinstitute sind gezwungen, bald wieder in die Modernisierung ihrer Kernbankensysteme zu investieren, sodass sich der Investitionsstau lösen wird. IT-Unternehmen müssen, wollen sie von dieser Entwicklung nachhaltig profitieren, neue, innovative Themen wie beispielsweise das Mobile Banking oder Retail Banking adressieren.

CRN: Für 2010 wird hierzulande wieder ein bescheidenes Wirtschaftswachstum erwartet. In welchem Maße wird die ITK-Branche von diesem zarten Aufschwung-Pflänzchen profitieren können? Ist Mitte 2010 die Krise vergessen?
Dietz: Zwar hatte die deutsche ITK-Branche in diesem Jahr Umsatzrückgänge zu verzeichnen, war jedoch weit weniger von der Krise betroffen als die Gesamtwirtschaft. Inzwischen ist die Talsohle der Krise in der ITK-Branche durchschritten. Zwar sind derzeit vor allem Unternehmen, deren Branche selbst von Unsicherheit geprägt ist, noch zögerlich bei IT-Investitionen. Diese Zurückhaltung werden sie aber im kommenden Jahr ablegen. Entsprechend wird nach aktueller Einschätzung des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) die Nachfrage nach IT-Produkten und IT-Dienstleistungen im Jahr 2010 steigen. Vor allem im Outsourcing-Geschäft erwarten wir eine anziehende Nachfrage, da viele Unternehmen darin eine Möglichkeit sehen, Kostenvorteile zu realisieren. Insbesondere bei Finanzdienstleistern und im produzierenden Gewerbe ist mit zunehmenden Outsourcing-Aktivitäten zu rechnen.


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