Finanzierung

Kassensturz: IT-Handel kämpft um Finanzierung

2. Mai 2013, 16:14 Uhr | Martin Fryba
Wettbewerbsvorteil Bonität: Reseller müsse sich auf finanzstarke Distrbributoren verlassen können (Foto: Klaus Eppele / Fotolia)

Wenig Eigenkapital, homöopathische Margen, geringe Liquidität, erste größere Insolvenzen: Der kapitalintensive IT-Handel steckt im Dilemma und wird von Kreditversicherern unter verschärfte Beobachtung gestellt.

Pressekonferenz bei der Herweck AG in Kirkel: Die Vorstände Jörg Herweck und Dieter Philippi präsentieren stolz ihr Zertifikat von Creditreform, das dem TK-Distributor eine gute Bonität und keine maßgeblichen Zahlungsrisiken bescheinigt. Ein Blick auf das Scoring des Wettbewerbs verdeutlicht, warum sich hier der saarländische Großhändler gerne in die Karten, respektive Bilanzen schauen lässt: Die Ampel bei Herweck steht auf grün, bei einigen TK-Distributoren wechselt die Farbe ins Gelbe und ein zartes Rot bei den am unteren Ende der Liste aufgeführten Grossisten signalisiert ihnen, dass sie besser den Fuß vom Gas nehmen sollten. Doch um kostenlose Risikoberatung für den geschätzten Mitbewerber ging es dem Herweck-Management nicht. Reden über Geld, das bei anderen Distributoren offenbar nicht so locker sitzt, erfüllt im harten Wettbewerb der TK-Branche zweierlei.

Zum einen sollen TK-Reseller darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie sich nur auf solvente Großhändler verlassen können, die ihre Provisionen dauerhaft zuverlässig und schnell auszahlen, wenn das die Netzbetreiber schon nicht können und wollen. Zum anderen dient die Bonitätszertifizierung dem Zweck, dass Unternehmen im Laufe des Prüfungsverfahrens Rechenschaft über ihr Finanz- und Rechnungswesen, ihr Forderungs- und Risikomanagement und ihre Liquiditätsplanung ablegen und bislang unerkannte Risiken und Missstände aufdecken und beseitigen können. »Wir müssen in diese Bereiche investieren, am Ende aber zahlt sich das aus«, sagt Herweck-Vorstand Philippi.

--- forum[x] ---Die aktuellen Insolvenzen in der IT-Distribution – Devil, COS, B.Com und Jet Computer – zeigen, dass Finanzierungsfragen eine existentielle Bedeutung haben. Mangelhafte oder verdrängte Risikovorsorge offenbart in vielen Fällen leider erst nach einer Insolvenz strukturelle Schwächen in der Finanzierung des Geschäfts. Sie schmerzen dann umso mehr, wenn sich Märkte ändern und Distributoren ihre immer weniger tragfähigen Geschäftsmodelle mangels Kapital, Personal und Ideen nicht neu ausrichten können. Kreditversicherer jedenfalls beobachten die Trends im IT-Markt sehr genau. Im Rahmen ihrer eigenen Risikobewertung antizipieren sie die Folgen beispielsweise eines rückläufigen PC-Markts, und stellen fest, dass gerade kleinere und mittlere Distributoren erhebliche Probleme mit der Refinanzierung haben. Bei Eigenkapitalquoten zwischen zehn und 20 Prozent und geringen Margen im Volumengeschäft um zwei Prozent wird die Luft immer dünner.


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