Schule fürs (Unternehmer-)Leben

Mehr Start-up, weniger Schiller

25. Oktober 2021, 11:47 Uhr | Martin Fryba
Versager sind die Stars auf Fuckup Nights wie hier in Berlin. Sie könnten auch in Schulen auftreten und über Unternehmertum sprechen.

Non vitae sed scholae discimus: Die Kritik an einer realitätsfernen Schule ist so alt wie die Schule selbst. Der Bitkom fordert Start-up-Förderung schon in der Schule - Lernen von Versagern inbegriffen dem Lehrstück des heutigen FDP-Chefs Lindner.

Was gehört zum Bildungskanon in Schulen? Kann es eine solche Kanonisierung überhaupt noch geben, wo sich das Wissen der Menschheit  alle paar Jahre verdoppelt. Und sollte nicht wenigstens die Schule, von der Grund- über die weiterführenden Zweige, elementares Wissen und gar verbindliche humanitäre Werte vermitteln? Der Erziehungs- und  Bildungsauftrag in Bayern schreibt Schulen ins Stammbuch: „Sie sollen Wissen und Können vermitteln sowie Geist und Körper, Herz und Charakter bilden“ (BayEUG, Art.1.2.). Eine auf einen einzigen Satz reduzierte Verdichtung, der man schon deswegen nicht gerecht werden kann, weil manche ehrgeizigen Eltern chinesisch als Wahlfach am besten schon in der Grundschule fordern oder einige Rektoren und IT-Lehrer meinen, schon 11-Jährige Schülerinnen und Schüler im Blindschreiben zur Tipp-Meisterschaft führen zu müssen und dieses Realschulfach - Eltern und Schüler arglistig täuschend – sogar „Informationstechnologie“ nennen. Non vitae sed scholae discimus - der alte, seit es Schule gibt schon immer von Schülern vielfach zu Recht ausgesprochene lateinische Satz, dass sie nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen. Doch was braucht es an wirklich relevantem Wissen, damit sie vorbereitet ins Leben entlassen werden können?

Würde man alle Forderungen an Schule zusammentragen, die von Verbänden und Initiativen regelmäßig aufgestellt werden, die Schulwoche hätte 80 Stunden und ausgedruckt in  Lehrpläne übernommen, würde dieser Bildungskanon den Berliner Fernsehturm mit seinen 368 Metern als höchstes Bauwerk Deutschlands ablösen.

Einige Meter Papier aus der Feder des Bitkom-Präsidenten könnte Achim Berg beisteuern: Neben den Konvoluten zur IT-gestützten Lehr- und Lernausstattung eines Digitalunterrichts aus dem Studienband „Schule 2.0“ samt Programmierung und  einem Plädoyer für einen neugestalteten Informatikunterricht (den sich die Kultus-Ministerialbürokraten wirklich mal anschauen sollten), würde darin auch ein umfangreiches Kapitel zum Unterrichtsfach Start-up und Unternehmertum stehen.

Was ist eigentlich ein Businessplan? Wie komme ich an Kapital? Und wie melde ich überhaupt ein Unternehmen an? Keinen blassen Schimmer, dürften die meisten Zöglinge antworten. „Auf solche grundsätzlichen Fragen hätten 95 Prozent der vom Bitkom befragten Startup-Gründerinnen und -Gründer in ihrer Schulzeit nämlich keine Antwort erhalten. Bitkom-Chef Berg bedauert eine solche Unkenntnis über frühes Unternehmertum sehr. „Startup-Förderung muss in der Schule beginnen“, fordert er daher.

Warum Lehrer wohl Selbständigkeit ablehnen?
Was Berg am meisten schockieren dürfte ist indes eine gewisse Renitenz der Lehrerschaft, sich mit Start-up und Selbständigkeit  überhaupt beschäftigen zu wollen. Vier von zehn vom Bitkom befragte Start-up-Gründer meinen nämlich sich erinnern zu können, „dass ihre Lehrerinnen und Lehrer dem Thema Gründung und Selbstständigkeit ablehnend gegenüberstanden“, schreibt der Bitkom.

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