Oliver Wegner, CEO Evolutionplan AG

„Niemand verkauft sein IT-Unternehmen an den Meistbietenden“

4. November 2022, 11:41 Uhr | Martin Fryba
Allein 22 buy-and-build-Strategien im DACH-Raum für IT-Systemhäuser schmieden Investoren. Oliver Wegner hat einige der Deals als Berater betreut.
© Evolutionplan

Wunsch und Wirklichkeit liegen bei einem Unternehmensverkauf regelmäßig weit auseinander, sagt Oliver Wegner. Als Transaktionsberater muss er moderieren. Beim Unternehmensverkauf geht es mehr als nur um Geld.

ICT CHANNEL: Übernahmen gab es immer schon im Systemhaus-Markt, aber seit geraumer Zeit beobchten wir einen regelrechten Akquisitionsboom. Woran liegt das?

Oliver Wegner: Vor rund drei Jahren haben Finanzinvestoren das Parkett betreten, die durch neue Gruppenbildungen stark investieren und damit vielen Strategen - sprich anderen IT-Unternehmern - deutlich Konkurrenz machen. Wenn ein IT-Unternehmer sein Unternehmen verkaufen will, ist jetzt ein sehr guter Zeitpunkt. Niemals war der Markt mehr in Bewegung als jetzt. Aktuell gibt es alleine 22 sogenannte buy-and-build-Strategien im DACH-Raum, die sich auf IT-Systemhäuser richten und von Finanzinvestoren ausgehen.

Vermutlich liegt das auch am hohen Preis, den IT-Unternehmer erzielen können? Wir hören, dass Investoren für IT-Dienstleister bisweilen einen knapp zweistelligen Ebit-Faktor als Kaufpreis ansetzen. Bei Softwareunternehmen soll der Faktor sogar deutlich höher sein.

Wegner: Einen fast zweistelligen Wert kann ich für die Mehrheit der Transaktionen im IT-Systemhausumfeld nicht bestätigen. Hier klaffen regelmäßig Wunsch und Realität bei den IT-Unternehmern auseinander. Der Wert eines IT-Unternehmens steckt vor allem im Geschäftsmodell, der Kundenstruktur, den Mitarbeiten, in den Herstellerpartnerschaften und der Vision des Management-Teams. Da reicht es nicht aus, nur auf Umsätze und Gewinne zu schauen. Ein Systemhaus, das sein Geschäftsmodell hochgradig in Richtung Managed Services und Cloud-Services ausgerichtet hat, erzielt beim Fokus auf die richtigen Zielkunden und der Möglichkeit der weiteren Skalierung regelmäßig einen deutlich höheren Ebit-Faktor. Softwarehäuser erhalten in der Tat häufig hohe zweistellige Multiples - aufgrund der Abhängigkeit von Kunden, den hohen Margen und den Vertragssituationen.  

Die Investoren sollen Schlange stehen. In einem solchen Verkäufermarkt wäre es doch eine verpasste Chance für den  IT-Unternehmer, würde er nicht an den Höchstbietenden verkaufen.

Wegner: Niemand verkauft sein IT-Unternehmen an den Meistbietenden, wenn die Chemie zwischen den Parteien nicht stimmt. Mergers & Acquisitions ist ja nicht nur ein Thema, wo ausschließlich Zahlen, Daten, Fakten zählen. In der Unternehmensnachfolge oder bei der Suche nach einem geeigneten Wachstumspartner überwiegen im Prozess fast immer die Emotionen. Die meisten IT-Unternehmer suchen nicht den besten und schnellen Verkauf, sondern eine zukunftsfähige Lösung, die auch für die heutigen Mitarbeiter und Kunden passt. Dabei wollen sie im Übergang zumeist noch zwei bis drei Jahre mitgestalten, und zwar in den Themen, die ihnen am besten liegen. Das gelingt nur über einen aktiv gesteuerten Verkaufsprozess.

Also kein Schnellschuss, auch wenn aktuell viele Systemhaus-Inhaber fast wöchentlich über attraktive Deals lesen, die es in Zukunft vielleicht so bald nicht mehr geben wird?

Wegner: Meine Empfehlung: Sich rechtzeitig mit der Unternehmensnachfolge befassen und die unterschiedlichen Wege fundiert ausloten. Wege können auch darin münden, nicht verkaufen zu müssen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Sich vier bis fünf Jahre vor einer geplanten Übergabe mit dem Thema M&A zu beschäftigen, ist sinnvoll. Da ein IT-Unternehmer sein Systemhaus nur einmal verkaufen kann, sollte der Prozess strukturiert und sicher aufgegleist werden.

Im vertraulichen Gespräch tauschen sich Unternehmer über ihre Erfahrungen mit Investoren aus. Wenn es dann aber zur Sache geht, stehen sie oft alleine da und sind spätestens bei der Due Diligence überfordert. Wie geht es besser?

Wegner: Wenn auf der Käuferseite Profis sitzen, dann kann ich nur empfehlen, sich im häufig wichtigsten Unternehmer-Projekt, nämlich dem Unternehmensverkauf, ebenfalls professionell durch einen sehr erfahrenen Transaktionsberater begleiten zu lassen, der die IT-Branche sehr gut kennt. Entscheidend ist nicht, dass Investoren möglicherweise Schlange stehen, sondern dass der perfekte Nachfolger oder Wachstumspartner gefunden wird und der gesamte Prozess diskret abläuft. Und genau hier spielt der Transaktionsberate eine zentrale Rolle. Er hat Zugang zu den passenden Investoren, kennt die unterschiedlichen Kaufpreismodelle und Spielarten, bietet dem IT-Unternehmer schnell verschiedene Optionen, ist enger Sparingspartner in der Due Diligence und begleitet ihn ins Ziel.

Software- und Systemhaus-Verkäufe: So liefen die jüngsten M&A-Deals. ICT CHANNEL berichtet.


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