Server Based Computing: Thin-Clients erobern die Geschäftswelt

8. Januar 2004, 0:00 Uhr |

Server Based Computing: Thin-Clients erobern die Geschäftswelt. Für Thin-Clients sprechen nicht nur geringe Anschaffungskosten, sondern auch die Ersparnis durch niedrige Supportkosten. Um von der starken Nachfrage zu profitieren, muss der Fachhandel aber Wissen aufbauen und Lösungen aktiv vermarkten.

Server Based Computing: Thin-Clients erobern die Geschäftswelt

Eigentlich haben Thin-Clients, die nicht viel größer als ein gebundenes Buch sind, außer ein paar Schnittstellen nicht viel zu bieten. Trotzdem steigt die Nachfrage stetig an, so dass sogar Chip-Hersteller AMD in China ein Entwicklungszentrum eröffnet, das sich fast ausschließlich der Thin-Client-Technologie widmet.

Dabei geht es nicht wie bei PCs um leistungsstarke Grafik, Speicher und Prozessoren, vielmehr stehen die Anwendungen und Lösungen im Vordergrund, die individuell auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind. Deshalb vertreiben Thin-Client-Hersteller fast ausschließlich über Fachhändler und Systemhäuser, denn nur diese bringen das nötige Know-how mit, um Lösungen zu vermarkten. Konkurrenz aus dem Retail brauchen Händler in diesem Segment also nicht zu fürchten.

Auch wenn dadurch zumindest ein Mitbewerber von vorneherein im Gerangel um die Verkaufspreise ausscheidet, bleibt dieses Segment nicht von billigen Angeboten verschont: Während sich die Verkaufspreise im Thin-Client-Markt lange auf einem stabilen Niveau von etwa 400 bis 600 Euro bewegten, versuchen Hersteller wie das indisch-französische Unternehmen VXL nun diese zu unterbieten. VXL vertreibt bereits einige Thin-Client-Modelle für 220 Euro. Dafür sind diese Geräte aber meistens auch nur mit der Basisversion von Windows-CE ausgestattet. Selbst Marktführer Wyse bietet Thin-Clients für rund 300 Euro an. Glaubt man Analysten, werden die Verkaufspreise in den kommenden Jahren auf etwa 200 Euro fallen. Bis jetzt bereitet dies deutschen Herstellern wie Esesix, Fujitsu Siemens oder Igel jedoch nur wenig Kopfzerbrechen. »Da sich unsere Softwareentwicklung in Deutschland befindet, können wir schneller auf die Anforderungen der Kunden reagieren und unsere Software anpassen«, ist sich Andreas Jung, stellvertretender Geschäftsführer bei Esesix, sicher. VXL oder auch Wyse haben seiner Meinung nach zumindest im deutschen Markt das Nachsehen, da sich die Entwicklungsabteilungen in Indien beziehungsweise USA befinden. Dadurch könnten neue Software Features erst mit einiger Zeitverzögerung in die Geräte implementiert werden.

Sever Based Computing spart Geld

Trotz fallender Preise stehen die Chancen für ein starkes Wachstum des Marktes dank steigender Stückzahlen gut. Wichtigstes Verkaufsargument ist die attraktive Kostenstruktur. Neben niedrigeren Anschaffungspreisen ? ein PC kostet je nach Ausstattung etwa 800 Euro ? können mit SBC teuere Administratoren-Arbeitsstunden eingespart werden. Sämtliche ans Netzwerk angeschlossenen Clients lassen sich von einer zentralen Stelle steuern. Software Updates müssen nicht wie bei PC-Netzwerken einzeln installiert werden.

Bereits bei einem Einsatz von 15 Thin-Clients lassen sich den Marktforschern von Bloor Research zu folge die Support-Kosten im Vergleich zum PC-Support um bis zu 50 Prozent senken. »Business-Kunden fragen wegen der Kostenersparnis nach Thin-Client-Technologie«, erklärt Manfred Lauterborn, Geschäftsführer von Neoware. Selbst Netzwerke unter 15 Clients können sinnvoll sein, etwa wenn die Sicherheit einen hohen Stellenwert hat. Da die Anwender lediglich Zugriff auf die auf dem Server hinterlegten Daten haben, lässt sich keine Software aufspielen oder etwa Viren installieren.

Selbst Distributoren bauen ihre Aktivitäten im Segment Sever Based Computing zunehmend aus. Der auf den Vertrieb von Netzwerktechnologie spezialisierte Großhändler Algol hat zur Exponet im November mit Neoware einen Distributionsvertrag geschlossen und vertreibt nun die »Thin-Star«-Serie. Dieselbe Produktreihe vertrieb der Distributor zuvor unter dem Markennamen NCD. Da vor mehr als einem Jahr NCD seine »Thin-Star«-Serie an Neoware verkaufte, wird der Vertrieb nun gänzlich eingestellt. Algol als Distributionspartner sollte jedoch erhalten bleiben.

Ziel von Algol ist es, Sever Based Computing Händlern nahezubringen und als Projektdistributor aufzutreten, wie Martin Brenner, Produktmanager bei Algol, bestätigt. Marketing-Aktionen, Mailings und die direkte Händleransprache sollen das Interesse für Thin-Clients wecken. Brenner rechnet damit, dass etwa zehn Prozent der rund 600 Algol-Reseller Thin-Clients aktiv vermarkten könnten. »Es muss aber noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden«, schränkt er ein.

Fachhandel muss aktiv werden

Während Thin-Clients bis vor kurzem vor allem in Call-Centern oder dem Finanzwesen eingesetzt wurden, erobern sie inzwischen auch Branchen wie das Transportwesen, den Einzelhandel, das Gesundheitswesen und die Versicherungsbranche. Dadurch eröffnen sich für den Handel neue Möglichkeiten, bei denen Margen von mehr als 15 Prozent möglich sind. Voraussetzung dafür ist jedoch die Bereitschaft, sich Netzwerkwissen anzueignen und Thin-Client-Lösungen aktiv zu vermarkten. Hersteller wie Wyse, Esesix, Fujitsu Siemens und die Distributoren Algol, ADN DNS und Computerlinks bieten deshalb Schulungen an, die neben Grundwissen über Thin-Client-Technologie auch weiterführende Kenntnisse vermitteln. »Wer sich einmal mit Server based-Computing auseinandergesetzt hat, bleibt auch dabei«, weiß Klaus Kappler, Produkt-Manager für Thin- und Penbased Clients bei Fujitsu Siemens.

Allerdings müsse der Handel Thin-Client-Lösungen aktiv vermarkten. »Dazu gehört die gezielte Ansprache des Kunden«, führt Kappler aus. Bevor Komplettlösungen vertrieben werden, sollten Händler die Bedürfnisse ihrer Kunden genau analysieren, um schließlich eine passende Lösung zu entwickeln. Laut Kappler würde die richtige Vermarktung von Thin-Client-Technologie außerdem die Beziehung zwischen Kunden und Reseller langfristig stärken.

Thin-Client-Distributor ADN bemängelt jedoch die geringe Bereitschaft von Resellern, sich mit neuen Technologien und Produkten auseinanderzusetzen. »Der Markt wächst zwar, aber nur langsam«, bedauert Udo Schillings, Produkt-Marketing-Manager bei ADN. Seiner Ansicht nach gibt es zu wenige Reseller, die bereit sind, in wachsende Marktsegmente wie den Thin-Client-Markt zu investieren. Zwar versteht Schilling, dass das Tagesgeschäft Händlern wenig Zeit lässt, sich mit neuen Technologien zu beschäftigen. Trotzdem würde sich die Investition in Fachwissen und Demolösungen lohnen. »Diejenigen, die Zeit und Geld in Server Based Computing investieren, haben damit auch Erfolg«, verspricht er.

Anbieter entdecken Linux

Damit Reseller das nötige Fachwissen aufbauen, ist es neben der praktischen Installation von SBC-Netzwerken wichtig, sich einige Grundkenntnisse anzueignen: Thin-Clients laufen wahlweise unter drei Betriebssystemen: Windows CE von Microsoft, Linux oder proprietären Betriebssystemen, die von Thin-Client-Herstellern entwickelt werden, sich aber am Markt nicht richtig durchsetzen. Windows CE ist bisher das am meisten verbreitete Betriebssystem, das wie die anderen erlaubt, RDP- (Microsoft) oder ICA-Server (Citrix) anzubinden. Während Billiganbieter wie VXL lediglich die Basisversion von Windows CE in ihren Thin-Clients anbieten, setzen beispielsweise Esesix, Igel oder Neoware auf erweiterte Funktionalitäten von Windows CE. Zunehmend werden aber auch Linux-Terminals nachgefragt. Für sie spricht die einfache und flexible Handhabung des offenen Standards. Beispielsweise lassen sich neue Treiber nach Kundenwunsch ohne großen Kostenaufwand in Lösungen einbinden.

Zwar lässt sich auch Windows CE um eine Vielzahl von Treibern erweitern, doch für jede Erweiterung verlangt Microsoft neue Lizenzgebühren. Zudem können Thin-Client-Hersteller Windows-CE-Treiber nicht selbst entwickeln, sondern sind auf die Unterstützung von Microsoft angewiesen, was bei einer Projektabwicklung meistens mit erheblichen Zeitverzögerungen verbunden ist.

Auch bei der Anbindung an die Server stellt Linux keine Nachteile dar. Das Betriebssystem lässt sich problemlos mit Citrix- und Microsoft-Servern einsetzen. Die einzige Einschränkung, für die Kunden ist, dass der Microsoft Browser »Internet Explorer« unter Linux nicht darstellbar ist. Stattdessen muss auf den Linux-Browser »Opera« ausgewichen werden. »Viele Kunden verlangen aber aus Gewohnheit nach dem Microsoft Browser«, beklagt Jung.

Software für spezielle Anforderungen

Während die Server-Betriebssysteme von Microsoft und Citrix auf keine bestimmten Anwendungen beschränkt sind, eignet sich die Tarantella-Software vor allem für den Einsatz in heterogenen Netzwerken. Sie kann Unix- und Windows-Applikationen simultan darstellen. Dafür entsteht eine weitere Ebene zwischen Client und Anbindungsserver, was die Umsetzung einer Lösung etwas verkompliziert. Tarantella arbeitet mit dem AIP-Protokoll.

Für welches Betriebssystem sich der Kunde letztendlich entscheidet, hängt einzig und allein von dessen Vorlieben ab, da sich kommerzielle Anwendungen wie Office-Programme ohne Probleme unter allen Systemen darstellen lassen.

Schwierigkeiten können dagegen spezielle Anwendungen machen, beispielsweise selbstentwickelte Redaktionsprogramme. Allerdings bieten in solchen Fällen Hersteller und Distributoren Unterstützung an. So führt Esesix nach Wunsch zusammen mit dem Reseller und je nach seinem Wissensstand gemeinsam Projekte durch. »Somit können sich auch Händler Server-Based-Computing-Projekte zutrauen, die nicht über fundiertes Wissen verfügen«, verspricht Jung. Schließlich gibt es bei der Umsetzung von Thin-Client-Lösungen einige Kniffe, die Reseller nur durch die mehrjährige Erfahrung umsetzen können. Schulungen, wie sie von Herstellern und Distributoren angeboten werden, vermitteln zwar Grundwissen, ersetzen aber nicht die praktische Anwendung und Installation.

Sollen etwa Fernarbeitsplätze an ein SBC-Netzwerk angeschlossen werden, kann es beim Drucken von Dokumenten aus dem Netzwerk zur Überlastung der Bandbreite kommen. Somit könnte nur der Mitarbeiter in der Zweigstelle Daten ausdrucken, für alle andern im Netzwerk wäre diese Funktion blockiert.

Der Software-Anbieter Thin-Print hat dafür ein Tool entwickelt, das Druckdaten komprimiert, damit mehrere Anwender gleichzeitig drucken können. Die Distributoren ADN, Computerlinks, DNS und LWP haben diese Lösung im Angebot.

Kasten 1

Thin-Client-Markt mit Traum-Wachstumsraten

IDC-Marktforscher sagen dem Thin-Client-Markt eine glänzende Zukunft voraus. Bis 2007 sollen weltweit etwa 3,4 Millionen Stück verkauft werden. Im Vergleich zu 2003 ? in diesem Zeitraum wurden 1,5 Millionen vertrieben ? entspräche dies einem jährlichen Wachstum von 22,8 Prozent. Bezogen auf Westeuropa machen Thin-Clients ungefähr 2,5 Prozent aller pro Jahr verkauften Desktops im Business-Segment aus. Sollte die starke Nachfrage nach Thin-Clients anhalten, könnte der Anteil in den kommenden drei Jahren auf sechs Prozent steigen. Das würde nicht nur Markführer Wyse freuen, sondern auch die zweit- und dritt platzierten Hersteller Neoware und HP. Laut IDC erzielten die Unternehmen im westeuropäischen Markt im dritten Quartal 2003 Marktanteile von 25 Prozent (Wyse), 21,1 Prozent (Neoware) und 10,2 Prozent (HP). In diesem Segment spielen auch Anbieter wie Igel, Esesix und Fujitsu-Siemens eine zunehmend große Rolle.

Kasten 2

Ausgewählte Thin-Client-Anbieter

ADN
www.adn.de

Algol
www.algol-deutschland.de

Computerlinks
www.computerlinks.de

DNS
www.dns-gmbh.de

LWP
www.lwp.de

Citrix
www.citrix.de

Esesix
www.esesix.com

Fujitsu Siemens
www.fujitsu-siemens.com

HP
www.hewlett-packard.de

Igel
www.igel.de

Microsoft
www.microsoft.de

Neoware
www.neoware.com

Tarantella
www.tarantella.com

Thin-Print
www.thinprint.de

VXL
www.vxl.net

Wyse
www.wyse.de


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