Homeoffice auf dem Land

Stadtflucht wird immer teurer

16. September 2021, 14:02 Uhr | Martin Fryba
© AdobeStock/Archivist

Trotz oder gerade wegen Corona steigen die Kosten für Wohneigentum rasant. Die Stadtflucht treibt die Preise für Eigenheime auf dem Land gewaltig in die Höhe. Die Schattenseite von dauerhaft niedrigsten Zinsen und „New Work“.

Wer soll das bezahlen? Der Schlager aus der Ferder von Kurt Feltz, gesungen von Jupp Schmitz, war im Kölner Karneval ein Riesenhit. Die Einführung der D-Mark 1948 nahm man damals am Rhein, wie vieles eben auch, mit Humor und schunkelte den einsetzenden Preisauftrieb im Wirtschaftswunderland einfach weg. Weit jüngere Semester im heute familien- und baufähigen Alter, beruflich gut situiert, kennen nur Merkel, die Nullzinsphase und lernen gerade erst kennen, was Inflation bedeutet. Was sie aber seit Jahren spüren: Eigentumswohnungen, Bauland oder das eigene Häuschen im Grünen werden immer teurer – ein Ende der Preisspirale ist nicht in Sicht. Im Gegenteil.

Ausgerechnet jetzt, wo IT das Homeoffice im Speckgürtel der Metropolen oder noch weiter draußen zu einer hervorragende Alternative zum Stadtleben ermöglichen könnte, Familie und „New Work“ sehr gut unter einen Hut zu bringen wäre, sorgt die Stadtflucht für steigende Immobilienpreise. Im Corona-Jahr ging die Tendenz weiter nach oben. Bundesweit wechselten Wohnungen, Häuser und Bauland im Wert von über 221 Milliarden Euro den Besitzer, ein Plus von 7,7 Prozent. Das Eigenheim verteuerte sich im Schnitt sogar um fast elf Prozent. Es seien die stärkste Preiszuwächse seit Beginn der Aufzeichnungen in den 80er Jahren, stellt das GEWOS Institut fest.

In den Metropolen wie München oder Berlin ist der Markt für Eigentumswohnungen ohnehin ausgereizt, die Zahl der Kauffälle geht zurück, die Preise ziehen nur noch langsam an. Richtig teuer ist es im Speckgürtel rund um Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt am Main geworden. Das Umland dieser Top-5 ist vergleichsweise zur Stadtlage noch günstiger – um rund 41 Prozent. Hier wurden 2020 laut GEWOS zwar „nur“ 31.400 Ein- und Zweifamilienhäuser gekauft. Der Geldumsatz allerdings erhöhte sich deutlich um 16 Prozent. Regional mag es große Unterschiede geben, fest steht indes, dass der Preisauftrieb für das Eigenheim ungebrochen ist (Plus neun Prozent auf mehr als 91 Milliarden Euro für 2021 erwartet GEWOS) und nach den Städten und ihren Speckgürteln nun auch den ländlichen Raum erfasst.

Man fragt sich freilich - damals wie heute: Wer hat so viel Pinke, Pinke? Nun, am Geld scheint der  Eigenheimtraum  vom (digitalen) Arbeiten und Wohnen im Grünen für viele nicht zu platzen. Noch nicht, solange die Zinsen nahe Null bleiben, hohe Gehälter mit der Inflationsrate Schritt halten werden oder man sich zu jenen Einzelerben zählen darf, die im Schnitt 242.000 Euro vermacht bekommen (ohne die Top zwei Prozent).

Was man dafür in der Stadt bekommt? Eine nicht ganz familienkompatible 20 Quadratmeter-Schlauchwohung in München-Obergießing, 1967 gebaut, einfache Wohn„qualität“ mit Laminatboden, aber mit Blick auf einen begrünten Seitenstreifen und 250 Mbit/s Internet von der Telekom.

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