Umweltschutz gegen Geld

4. November 2008, 15:19 Uhr |

Green-IT – Kein Hype-Thema hat jemals so viel Staub aufgewirbelt wie das umweltfreundliche Rechenzentrum. Jeder Hersteller propagiert mehr oder weniger sinnvolle Einzellösungen, doch ganzheitliche Konzepte fehlen oder sind gar nicht gewünscht.

Was genau verbirgt sich eigentlich hinter dem Grundgedanken »Green-IT«? Im Prinzip geht es darum, EDV-Lösungen umweltfreundlich zu gestalten. Das ist schnell gesagt oder in Form eines leeren Slogans auf biologisch nicht abbaubare PVC-Aufkleber gedruckt. Dahinter steht jedoch ein enormer Aufwand.

Richtig grüne Lösungen produzieren deren Hersteller (a) umweltschonend, also mit sauberen Materialien und in abfall- und energiearmen Fertigungsprozessen. Die Geräte arbeiten dann während einer (b) möglichst langen Betriebsdauer ohne Ausstoß von Schadstoffen und verbrauchen dabei möglichst (c) wenig Strom. Am Ende der Lebensdauer nehmen die Hersteller ihre (d) Altgeräte zurück und recyclen sie umweltfreundlich – so weit die Theorie.

In der Praxis sieht das anders aus. Umweltschonende (a) Materialien und Fertigungsprozesse kosten viel Geld. Die Kunden sind nach wie vor nicht bereit, für eine umweltverträgliche Lösung mehr Geld zu zahlen. Daher lagern die Hersteller lieber die Fertigung nach China oder in Dritte-Welt-Länder aus. Hier arbeitet das Personal weit unterhalb jeder zivilisierten Mindestlohngrenzen. Lohnnebenkosten wie Kranken- und Sozialversicherung brauchen die Unternehmen dort auch nicht zu zahlen. Die Fertigungsstätten liegen außerhalb der Kontrolle irgendwelcher US- oder EU-Einrichtungen, so dass die Industrie in aller Ruhe mit billigen, umweltschädlichen Prozessen und Stoffen ans Werk gehen kann.

IT-Hersteller interessieren sich zudem nicht für Geräte mit einer (b) möglichst langen Lebensdauer. So etwas schadet nur dem Umsatz. Also lassen sich die Konzerne spätestens alle zwei Jahre irgend eine neue, meist weitgehend nutzlose Technologie einfallen. Dann schwärmt ein Heer von Marketingspezialisten aus und redet den Kunden ein, dass sie ohne neu zu kaufende Systeme nicht mehr konkurrenzfähig wären. In der Tat ist es leider so, dass Unternehmen jeder Größe heute noch in vielen Bereichen sehr gut mit fünf bis acht Jahre alter Basis-Technologie auskämen, ließen sich diese an einigen Schlüsselstellen modernisieren. Doch die IT-Industrie kümmert sich stets darum, moderne Lösungen inkompatibel zu älteren Lösungen zu gestalten, um den Anwender zu Neuanschaffungen zu zwingen.

Das mit dem geringen (c) Stromverbrauch ist zumindest ansatzweise bei den Herstellern angekommen. Doch nach wie vor zählen in der Hardwarebranche übertrieben hohe Leistungswerte mehr als der Energieverbrauch. Auch hier leisten die Marketingkräfte gute Arbeit, um den Endanwendern die Notwendigkeit von Mehrkern-CPUs und Grafikkarten mit exorbitanter 3D-Rechenleistung an simplen Arbeitsplätzen einzureden. Die Chip-Hersteller verwenden ihr Know-how also dazu, um neuen Prozessorgenerationen bei gleicher Stromaufnahme mehr Leistung einzuprügeln. Aus Umweltsicht sollten die Firmen jedoch ihr Wissen dazu nutzen, um Chips mit der bereits verfügbaren und völlig ausreichenden Geschwindigkeit zu bauen, welche ein Bruchteil an Energie verschwenden.


  1. Umweltschutz gegen Geld
  2. Umweltschutz gegen Geld (Fortsetzung)

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