Garantieverlängerung wird Versicherung

Unkalkulierbare Risiken für Hersteller und den IT-Handel

14. Dezember 2022, 14:04 Uhr | Martin Fryba
© AdobeStock/Bluedesign

Ab Januar beginnt ein steuerliches Chaos für deutsche Firmen bis hin zum Verlust von Marktanteilen an ausländische Wettbewerber. Verbände laufen Sturm gegen das Bundesfinanzministerium, weil aus Garantiezusagen Versicherungen werden. Es drohen drastische Preiserhöhungen und viele Risiken.

Ab 1. Januar 2023 stehen Hersteller, Zwischenhändler und Händler in allen Branchen vor erheblichen Rechtsunsicherheiten, wenn sie verlängerte Garantiezusagen beim Neukauf mit anbieten.  Denn ab dem neuen Jahr werden in Deutschland, und nur in Deutschland, aus Garantiezusagen Versicherungen. Damit ändert sich die steuerliche Bewertung, denn aus abzugsberechtigter Mehrwertsteuer (meist 19 Prozent) wird nun eine Versicherungssteuer (ebenfalls 19 Prozent), die an das Finanzamt abgeführt werden muss. Bisher wurden Garantieverlängerungen umsatzsteuerlich als unselbständige Nebenleistung zur Hauptleistung betrachtet und somit mit einheitlichem Mehrwertsteuersatz berechnet. Firmen konnten diese gegenüber dem Finanzamt verrechnen, wenn sie vorsteuerabzugsberechtigt sind.  Das gilt nun bei kostenpflichtigen Garantiezusagen nicht mehr, beziehungsweise es muss genau auf die Leistung geschaut werden, ob sie denn eine Versicherung ist. Der Teufel steckt, wie immer im deutschen Steuerrecht, im Detail.

Nicht betroffen von der Änderung sind Vollwartungsverträge. Doch auch hier herrscht Rechtsunsicherheit, weil das Bundesfinanzministerium bisher keine Kriterien für diese Leistung definiert hat.

Brandbrief: Saftige Preiserhöhungen und Rechtsunsicherheit
In einem Brandbrief vom 28. Oktober 2022 haben sieben Verbände, unter anderem BDI, IHK und HDE, das Bundesfinanzministerium auf viele offenen Fragen hingewiesen und um ein erneute Verlängerung dieser Ausweitung der Versicherungspflicht auf Garantiezusagen gebeten. Allerdings hatte die Staatssekretärin Luise Hölscher im Bundesfinanzministerium bereits im August dieses Jahres den Verbänden VDA (Autoverband)  und VDMA (Maschinen-  und Anlagebau) eine Absage auf deren Bitte um Fristverlängerung erteilt. ICT CHANNEL konnte die vertraulichen Schreiben einsehen.

Darin steht über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Rechtsunsicherheit: Es werde in der Praxis zu unterschiedlichen Auslegungen der Versicherungspflicht bei garantiebietenden Unternehmen kommen. „Die Versicherungspflicht von Garantiezusagen hat jedoch signifikante Auswirkungen auf den Kundenpreis“. Reine Garantiezusagen könnten sich um 30 bis 50 Prozent verteuern. Bei Produktpreisen inklusive  Garantiezusagen rechnen die Verbände mit Preissteigerungen von bis zu 20 Prozent.

Deutscher Sonderweg schadet Unternehmen hierzulande
Legen Unternehmen Garantiezusagen unterschiedlich aus, führe das „zu nicht gerechtfertigten Wettbewerbsverzerrungen“. Es bestehe „ein sehr großes Risiko,  dass relevante Marktanteile, womöglich irreparabel, durch diese Rechtsauslegungsunsicherheit verloren gehen“. Und zwar nur für deutsche Unternehmen an Konkurrenzunternehmen im EU-Ausland oder auch in Drittländern.  Verlängerte Garantiezusagen als Versicherungen einzustufen, ist steuerlich ein deutscher Sonderweg, über den man im Ausland den Kopf schüttelt, berichtet ein Distributionsmanager, der für rechtliche Angelegenheiten innerhalb der europäischen Landesgesellschaften seines Arbeitsgebers zuständig ist.

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