Veraltet

8. Januar 2004, 0:00 Uhr |

Veraltet. Der PC für Senioren ist ein Flop, meldete der scheidende Geschäftsführer und Lintec-Gründer Lindemeyer aus dem sächsischen Städtchen Taucha betrübt. Als er das vermeintlich zukunftsträchtige Geschäft mit dem reiferen Teil unserer Bevölkerung im Jahr 2001 startete, rechnete er optimistisch mit Absatzzahlen zwischen 30.000 und 50.000 Stück jährlich. Jetzt sind die 300.000 Euro Unterstützung des Freistaates Sachsen, mit denen das Senioren-Projekt erst möglich wurde, in den Sand gesetzt.

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Dabei schien die Idee gut, schließlich beweist ein Blick in egal welchen Reklameblock im Fernsehen, dass sich mit der alten Garde gut Kohle machen lässt: Anti-Aging-Salben, Mittel gegen Blasenschwäche, Gebisshaftcreme oder Serena, die Windel für die elegante Mittsechzigerin. Kein Bedürfnis bleibt unerfüllt. Und warum soll ein PC mit integrierter Leselupe, Slow-Motion, 20-Punkt-Schrift oder gesundheitlicher Selbstkontrolle mit Arztanbindung, weniger erfolgreich sein?

Doch sind es genau diese Features, wegen derer sich Lindemeyer jetzt keine Sorgen machen muss, dass eventuelle Restbestände seiner Altenrechner im Lager vergammeln. Nicht Senioren, sondern ganz andere Käuferschichten, sind ganz scharf auf die Dinger:

So wird mit Sicherheit jede Behörde begeistert zugreifen, wenn sie ihren Beamten nur eine »seniorenleichte« Bedienung zumuten muss, wie sie Herr Lindemeyer für sein Produkt verspricht. Auch für Management-Etagen hat das Produkt Potenzial: Denn im Gegensatz zum Senioren-Rechner kann kein High-end-HP- oder IBM-PC mit einem Interface für Blut- und Pulsmessgeräte aufwarten. Für bluthochdruckgefährdete Firmenkapitäne ein wertvolles Feature, wenn beispielsweise der Buchprüfer ins Haus steht.

Oder die Internet-Uhr zur Kostenkontrolle, ein Feature, das von der Uni Leizpig »mit Senioren für Senioren« entwickelt wurde. So wird nicht nur verhindert, dass Opa länger surft als der Herzschrittmacher tickt. Auch jede Kindergärtnerin, die heutzutage ein Gutteil computergeschädigter Kids betreuen muss, wird um solch eine Funktion heilfroh sein. Schließlich werden auch Jehovas Zeugen unter den Abnehmern sein, die sich die Möglichkeit der im Werbeprospekt versprochenen Club-Mitgliedschaft nicht entgehen lassen wollen, um Kontakt zu Gleichgesinnten herzustellen. Schließlich leidet nicht nur die katholische Kirche unter radikalem Mitgliederschwund, sondern eben auch apokalyptische Sektierer.

Und der hessische CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann wird seine nächste Rede ganz bestimmt an einem Senioren-PC aus Taucha niederschreiben: Denn der hat schließlich eine eingebaute Versicherung gegen Ungeschicklichkeit.


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