Fernsehen, Telefon, Breitband-Internet aus einer Hand

Warum IPTV viel mehr bieten muss als bunte Bilder

4. August 2008, 16:16 Uhr | Bernd Reder

Internet Protocol Television, kurz IPTV, verspricht den Nutzern Fernsehen der neuen Art, mit Rückkanal, elektronischem Programmführer und einer Online-Videothek. Doch mit althergebrachten DSL-Anschlüssen lässt sich das neuartige Multimedia-Erlebnis nicht in die Wohnzimmer bringen.

Hätte man vor einigen Jahren eine Umfrage zum Thema »Möchten sie einen Fernsehanschluss über IP?« durchgeführt, wären Antworten gekommen wie »Ich brauche keinen, denn ich habe ja eine Satellitenschüssel auf dem Dach« oder »Was ist überhaupt IP?« Heute ist das Thema IPTV bereits in aller Munde, und in Ländern wie in der Schweiz, Italien oder in Frankreich haben bereits Hunderttausende einen IPTV-Anschluss.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Gemeint ist mit IPTV nicht Internet- oder Web-TV, bei dem Fernsehen oder Videos öffentlich über das Web zugänglich sind. Bei Internet-Surfern stößt diese Form des Fernsehens auf reges Interesse. Die Schwäche ist die schwankende Bild- und Tonqualität, weil kein Internet-Provider eine Mindestbandbreite garantiert.

Eine weitere Abgrenzung betrifft Video-on-Demand (VoD). Technisch betrachtet handelt sich auch hierbei um eine Art »TV übers Internet«. Der wichtigste Unterschied: Bei VoD wird kein kontinuierliches Programm wie bei IPTV gesendet.

Video in Demand: Videothek im Internet

VoD ist mit einer Videothek auf Abruf vergleichbar. Mit seiner Fernbedienung bestimmt der Zuschauer, wann er welche Serie, einen bestimmten Spielfilm, eine Dokumentation oder einen Videoclip sehen will. In Angrenzung zum Web-TV und zu VoD wird IPTV in dem hier verwendeten Sinne über ein geschlossenes Datennetz angeboten.


Nicht nur IPTV, sondern auch Telefondienste und ein Breitband-Internetzugang werden künftig über Glasfaserkabel bis in das Mehrfamilienhaus geliefert.

IPTV ist nicht nur ein neues Broadcast-Netz zur Verteilung der bisher bekannten TV-Kanäle über das Telefonkabel. Als bidirektionales Kommunikationsmittel wird IPTV mittelfristig die Fernsehgewohnheiten verändern und neue Dienste mit sich bringen. Über die bisherigen TV-Netze ist das kaum möglich.

Argumente für und gegen IPTV

Die potenziellen Betreiber, aber auch die Konsumenten sind sich einig: Für eine einfache Verteilung des bisherigen Programms wird nicht ein weiteres Netz benötigt. In vielen Ländern ist Fernsehen bereits über analogen und digitalen Satellitenempfang, DVB-T (die terrestrische Verbreitung der Fernsehsignale), DVB-H (Rundfunk- und TV-Ausstrahlung für Handys) oder Kabelfernsehanschluss möglich.

Erfolgreich ist ein IPTV-Angebot nur dann, wenn es billiger oder besser als das bisherige TV-Angebot ist. Den Faktor »billiger« kann man fast ausschließen, weil der Empfang über Satellit oder DVB-T in ausreichend hoher Qualität im Grunde genommen kostenlos ist. Der Endkunde benötigt lediglich eine Set-Top-Box (STB) und eine Antenne – beides zusammen gibt es bereits ab 60 Euro.

Was bleibt, ist der Faktor »besser«. Während bei herkömmlichen TV-Netzen der Zuschauer nur per Fernbedienung Einfluss auf das Programm nehmen kann, bringt IPTV klare Vorteile, denn es kommt Interaktivität ins Spiel. Dazu zählen beispielsweise:

Elektronische Programmführer (EPG = Electronic Program Guides): Mittels Navigationstasten lässt sich die ausgewählte Sendung aus dem EPG in den Vorschaumodus und bei Gefallen in den Vollbildmodus schalten.

Aufnahmefunktion: Befindet man sich im EPG, wählt man die gewünschte Sendung aus und zeichnet sie anschließend auf. Die Aufnahme wird entweder lokal auf einer Festplatte in der Set-Top-Box oder im Netz auf einem Server des IPTV-Providers zwischengespeichert.

Video on Demand: Hier stellt der Service-Provider beispielsweise Sportereignisse oder Kinofilme zur Verfügung. Sind EPG und Aufnahmefunktion meist gratis, ist der VoD-Service kostenpflichtig.

Suche durch Texteingabe: Der Nutzer kann hier über die Fernbedienung Namen von Filmen, Kategorien, Schauspielern et cetera eingeben und die Suchtreffer dann mittels Aufnahmefunktion programmieren.

Diese Beispiele gehören bei den heute gängigen Systemen zu den Grundfunktionen. Sie zeichnen sich vor allem durch eine einfache Bedienung aus, was die so genannte Quality of Experience (QoE), also die »Erlebnisqualität« des Fernsehens, deutlich erhöht.

Es verhält sich hier ähnlich wie beim Auto mit den elektrischen Fensterhebern und dem Navigationssystem: Ist man einmal daran gewöhnt, will man es nicht mehr missen.


  1. Warum IPTV viel mehr bieten muss als bunte Bilder
  2. Wie sich eine IPTV-Lösung für den Netzbetreiber rechnet
  3. Die Übertragungstechnik
  4. Dienste vor Ort bereitstellen

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