Warum viele Insolvenzen nicht zur Sanierung führen

Zu später Sprung über den eigenen Schatten

27. März 2013, 11:53 Uhr | Martin Fryba
Angst vor Bloßstellung in der Branche und im Bekanntenkreis, nennen Insolvenzverwalter als wichtigsten Grund, warum Unternehmer zu spät eine Insolvenz beantragen (Foto: Lichtmeister/Fotolia).

Am Bein nagt der Hai, das Wasser steht ihm schon bis zum Hals, doch der Chef lächelt noch immer freundlich. Dabei hadert der Unternehmer längst schon mit seiner persönlichen Niederlage. Warum eigentlich?

»Begräbnis eines Mittelständlers«, so hatte der Journalist Michael Freitag seine Reportage betitelt und über die spektakuläre Insolvenz Ende 2001 der börsennotierten m+s Elektronik berichtet. Bestatter war damals die DG Bank in Nürnberg, die dem Systemhaus unvermittelt Kreditlinien gekündigt und so den Untergang des IT-Händlers und seines einstmals stolzen Unternehmers eingeläutet hatte. Ein Musterfall für gierige, kaltblütige und zudem in der Kommunikation völlig unprofessionelle Banken, die Mittelständler - wenn es eng wird - fallen lassen wie die sprichwörtliche heiße Kartoffel.

Banken spielten und spielen immer noch eine zentrale Rolle bei Unternehmensinsolvenzen. Rolf Breuer, ehemals Chef der Deutschen Bank, ist das hässliche Gesicht einer tugendfreien und überheblichen Zunft, die Seriösität und Diskretion abgelegt hat und deren Vertreter über Kreditwürdigkeiten ihrer Kunden vor laufender Kamera öffentlich spekulieren. Man wünschte sich, dass Vorstände von geretteten Banken in eigener Schieflage ebenso auskunftsfreudig und zerknirscht wären wie ihre gebeutelte Klientel, über die sie Urteile großer Tragweite fällen. Das Gegenteil ist bei dieser Kaste der Fall.

Gescheiterte Mittelständler sollten sich die Bankenwelt und ihre Top-Manager dennoch zum Vorbild machen. Die Werner Schmidts (Bayern LB), Georg Funkes (Hypo Real Estate) oder Dirk Jens Nonnenmanchers (HSH Nordbank) dieser Zunft zeigen, dass angestellte Bankmanager Scham und Versagensängste nicht zu ihren Charakterdispositionen zählen. Selbst dann nicht, wenn ihr Missmanagement Systeme und damit Volkswirtschaften in den Abgrund zu ziehen droht.

Der deutsche Unternehmer dagegen, der, wie m+s-Gründer Hans-Ulrich Mahr, sein Schicksal mit dem seines aufgebauten Unternehmens verbindet, empfindet eine Insolvenz als persönliche Niederlage: vor seinen Angestellten, seinen Kunden und Partnern, seinem regionalen Unternehmernetzwerk, seinem privaten Umfeld. Es ist diese Angst vor dem Scheitern und der Bloßstellung, die verhindern, dass viele Sanierungsmöglichkeiten eines angeschlagenen Unternehmens nicht oder nur wenig ausgeschöpft werden können.


  1. Zu später Sprung über den eigenen Schatten
  2. Negatives Stigma überwinden

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