CRN Kopfnuss

5G oder das goldene Kalb

22. Januar 2020, 12:47 Uhr | kopfnuss@crn.de
© Michael Rosskothen / Adobe Stock

Noch ab diesem Jahr soll das Warten ein Ende haben und 5G tritt auf die Showbühne, um den Mobilfunk zu revolutionieren. Eine Glosse.

Als das Volk sah, dass die Netzabdeckung in zahl­reichen Landstrichen Deutschlands immer noch auf sich warten lässt, versammelte es sich um die Bundesnetzagentur und sagte zu ihr: Komm, mach uns ein göttliches Netz, das vor uns herzieht. Denn dieses 4G ist ein LTE-Mobilfunknetz, das einst so viel versprach – wir wissen nicht, was mit ihm geschehen ist. Die Bundesnetzagentur antwortete: Bewegt die Konzerne dazu 6.549.651.000 Euro lockerzumachen und bringt den Zaster her! Da nahmen die Konzerne das Geld aus dem Judasbeutel und brachten es dem Bund. Dieser nahm es von ihnen entgegen, zeichnete mit einem Griffel eine Skizze und goss danach aus den güldenen Münzen das 5G-Kalb. Da sagten die Bundes-Priester: Das ist Euer 5G, Eure ­Gottheit, Mobilfunknetzbedürftige, das Euch aus dem Netz-Elend herausführt.

Als die Industrie das sah, baute sie vor dem goldenen 5G-Kalb einen Altar und rief aus: Bald ist ein Fest zur Ehre des Forschritts. Am folgenden Morgen standen sie zeitig auf, brachten Brandopfer dar und führten Tiere für das Heilsopfer herbei. Das Volk setzte sich zum Essen und Trinken und stand auf, um sich zu vergnügen, im Netz zu surfen, autonomes Fahren & Co. in Gang zu bringen. Allesamt warteten sie auf höhere Übertragungsraten, geringere Latenzen und vollkommen neue Anwendungsmöglichkeiten. Privatanwender, der vernetzte Straßenverkehr der Zukunft, Industrie 4.0 und sogar die Landwirtschaft verzehrten sich nach der prophezeiten Epiphanie der Gottheit 5G, die sich herniederlassen wird auf Erden. Sie wird alles verändern.

Realismus wird ohnehin völlig überbewertet. Natürlich wird sich mit 5G auch das Problem der minderwertigen Netzabdeckung von ganz allein lösen. Das Götzenbild wird es schon richten. Wie sagte Cicero noch so schön: Dum spiro, spero (= dt. solange ich atme, hoffe ich). 2020 hat nun die ersten Tage hinter sich, etwa drei Jahre werden noch ins Land ziehen, bis erste Anwendungen sichtbar sind. Ob dann der Dornbusch brennt, oder wir weiter mit den Netzwerk-Plagen zu kämpfen haben, wird sich herausstellen.

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