Interview mit Frank Witte von Computacenter

»5G wird Wifi 6 nicht überflüssig machen«

31. Mai 2019, 13:26 Uhr | Ulrike Garlet
Frank Witte, Head of Networking Strategy, Group Strategy and Portfolio, bei Computacenter
© Computacenter

Im Interview mit CRN erklärt der Netzwerkexperte Frank Witte von Computacenter, wie die Einführung von Wifi 6 das WLAN verändern wird und warum der neue Mobilfunkstandard 5G nicht das Ende von Wifi einläuten wird.

CRN: Herr Witte, was sind die wichtigsten Vorteile von Wifi 6 im Vergleich mit Wifi 5?

Frank Witte: Zunächst einmal ist die höhere Geschwindigkeit von theoretisch über 5 Gigabit pro Sekunde im 5Ghz Frequenzbereich ein deutlicher Vorteil des neuen Standards 802.11ax. Anwender werden aber auch eine geringere Latenzzeit und damit ein besseres Antwortzeitverhalten spüren, da Wifi 6 nun auf dem effizienteren Frequenz-Zugriffsverfahren OFDMA basiert, das auch von 5G verwendet wird. Da die Anzahl über WLAN verbundener Geräte immer weiter zunimmt, sind die gleichzeitige Übertragung von Daten an mehrere Clients und die Sicherheit hierbei wichtige Aspekte.

Zusammen mit der Verbesserung der Frequenznutzung durch Multi-User nun in beide Richtungen, der steuerbaren Ausrichtung gleichzeitiger Datenströme, Einführung von WPA3-Verschlüsselung sowie dem neuen Power Management Target Wake Time werden insbesondere neue Geräte und Anwendungen aus dem Bereich IoT besser unterstützt. In Summe erwarten wir durch Wifi 6 ein deutlich besseres Gesamterlebnis gegenüber früheren Wifi-Standards.

CRN: Zu welchem Zeitpunkt dürften sich Wifi-6-Produkte Ihrer Einschätzung nach zum Massenmarkt entwickeln?

Witte: Wifi 6 befindet sich aktuell noch in der Standardisierungsphase, mit der Verabschiedung wird frühestens Ende des Jahres 2019 gerechnet. Die aktuell auf den Markt gebrachten Geräte entsprechen somit einem Pre-Standard und sollen laut Herstellerankündigungen durch entsprechende Firmware-Updates Wifi6-ready werden. Da die neue Technologie jedoch einige Vorteile für neue Einsatzmöglichkeiten bietet, sollten Unternehmen dieses bei Planung und Proof of Concepts frühzeitig berücksichtigen. Wie bei jeder anderen neuen Technologie wird auch Wifi 6 die typischen Markteinführungszyklen der Innovator- und Early-Adopter-Kunden in 2019 und 2020 durchlaufen.

Da parallel auch die Markteinführung von 5G stattfindet, entsteht ein Wettbewerb für den Einsatz im Enterprise-Umfeld. Deshalb rechnen wir damit, dass sehr schnell Wifi-6-Produkte für den Massenmarkt verfügbar sein werden, sobald der Standard offiziell verabschiedet ist – voraussichtlich Anfang 2020.

CRN: Steigt durch Wifi 6 auch die Komplexität von WLANs?

Witte: Aus technologischer Sicht ist Wifi 6 komplexer als Wifi 5, da es eine Vielzahl neuer Funktionen und unterschiedlicher Technologien vereint. Doch diese Komplexität sollte dem Anwender und Systemintegrator durch eine professionelle Produktlösung weitestgehend verborgen bleiben. Es sei denn, es kommt zu Störungen und es wird eine Fehleranalyse notwendig, dann sind umfangreiches Technologie-Knowhow und Praxiserfahrung gefragt.

Aus der Sicht eines Systemintegrators erwarten wir eine handhabbare Komplexität, denn grundsätzlich achten die Hersteller sehr stark darauf, dass ihre Produkte gut zu integrieren sind. Dennoch müssen Wifi-6-Produkte sowie deren neue Funktionen und Technologien verstanden und sinnvoll in ein Lösungsdesign integriert werden. Da Funktechnologien ihre eigenen Gesetze haben, kann es auch mit Wifi 6 in der Praxis schon einmal komplex werden. Daher empfehlen wir unseren Kunden, vor der Realisierung ein entsprechendes Proof of Concept durchzuführen, um sich mit der Systemumgebung vertraut zu machen. Wir unterstützen unsere Kunden hier mit entsprechenden Spezialisten. Wenn Wifi 6 dann richtig implementiert ist, wird die Komplexität für den Anwender gefühlt geringer ausfallen, da Handhabung und User Experience als deutlich angenehmer empfunden werden.


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