CRN-Kopfnuss

Blackout: Stille im digitalen Blätterwald

4. Dezember 2015, 13:15 Uhr | Daniel Dubsky
© Andrey Armyagov - Fotolia

Gute Nachrichten für kleine Website-Betreiber: Selbst Branchengrößen wie Spiegel Online und Focus Online sind nicht vor Ausfällen gefeit. Was Forentrolle zur Verzweiflung treibt, wirkt sich positiv auf die Ökobilanz aus. Die CRN-Kopfnuss über die Hintergründe des Blackouts und seine Konsequenzen.

Man sollte meinen, große Nachrichtenportale wie Spiegel Online oder Focus Online könnten nicht ausfallen. Websites, die jeden Tag mehrere Millionen Leser erreichen, würden mehrfach gespiegelt in hochverfügbaren Rechenzentren vorgehalten. Um dem größten Besucheransturm ebenso zu trotzen wie Stromausfällen, Naturkatastrophen oder Godzilla. Denn der Informationshunger und die Sensationslust der Bevölkerung erreichen gerade in den größten Krisen regelmäßig ihren Höhepunkt: Der Worst Case für die deutsche Medienlandschaft wäre nicht der Einmarsch des Islamischen Staates, sondern wenn sie keine Plattform hätte, um in epischer Breite über diesen zu berichten. Mit Live-Blogs, Kurzanalysen, Faktenchecks und wackeligen Bildern, die Reporter mit ihren Handys aufnehmen, während sie bewaffneten Truppen ins Gefecht nachlaufen.

Doch die Realität sieht anders aus, wie das vorvergangene Wochenende bewies: Eine technische Störung in einem Rechenzentrum bei Gütersloh knockte zahlreiche deutsche Online-Medien aus. Glücklicherweise ereignete sich der Vorfall an einem Samstagvormittag, sodass ein Großteil der Leserschaft noch mit den Wochenendeinkäufen beschäftigt war. Nur der eine oder andere Forentroll mag erschrocken zusammengezuckt sein, als seine Lieblingsspielwiese nicht zu erreichen war. Klar gäbe es da noch zahlreiche andere Portale, auf denen sich Leser provozieren lassen, doch verständlicherweise ist es nirgendwo so schön wie im Stammforum. Dort, wo man genau weiß, auf welche Schlüsselworte die geneigte Mitleserschaft anspringt.

Der Informationsverlust des mehrstündigen Ausfalls hielt sich im Übrigen in Grenzen, denn glücklicherweise fanden sich Sicherungskopien aller Agenturmeldungen auf den Seiten der Konkurrenz. Womöglich wäre es sogar ein wertvoller Beitrag zum Umweltschutz gewesen, die Seiten einfach offline zu lassen – Server benötigen schließlich jede Menge Energie und Kühlung. Andererseits: Könnte man die Unmengen an Wind, den die Medien produzieren, nutzbar machen, ließen sich auch noch weite Teil der Bevölkerung mit grünem Strom versorgen. Dass die den lokalen Blackout genutzt hat, um sich fleißig – und gesamtvolkswirtschaftlich sinnvoll – fortzupflanzen, wie es bei früheren Stromausfällen immer der Fall war, darf übrigens bezweifelt werden: Youporn war durchweg online – kein Grund, sich mit echten Menschen zu befassen.


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