Rechenzentren der Zukunft

Leistung und Sicherheit allein reichen nicht mehr

8. Dezember 2020, 12:52 Uhr | Martin Fryba
»Die Herausforderungen an die Rechenzentren sind groß, aber viele Lösungen gibt es bereits. Gefordert sind daher sowohl die Politik als auch die Betreiber von Rechenzentren«, Stefan Maier, Geschäftsführer bei Prior1
© Prior1

Rechenzentren sind die Herzen jeder Digitalisierung. Dass sie zuverlässig und ohne unerwünschten Bypass schlagen, erwartet man zwingend. Doch das allein reicht nicht. Datacenter müssen künftig noch mehr Herz für Green IT zeigen. Wenn nicht, drohen enorme Folgekosten.

Business-Videokonferenzen, Streaming von virtuellen Messen und Webinaren, Telefonie, boomender E-Commerce, soziale Medien: sie alle sind für weltweit Hunderte von Millionen Nutzern täglich höchst relevant. Digitalisierung hautnah zum Anfassen. Weniger greifbar, aber nicht minder von Bedeutung sind eher dem Auge verborgene digitale Prozesse wie Verkehrssteuerung, Warenlogistik, Wertpapierhandel oder IoT und Edge Computing in der Fertigung. Das Rückgrat bildet stets ein Rechenzentrum. Die Zahl der Datacenter wächst rasant, je mehr die Digitalisierung voranschreitet. Eine der größten Herausforderungen wird es sein, den wachsenden Strombedarf immer leistungsfähigerer Server in Datacentern in Einklang mit der Energiewende hin zu regenerativen, Co2-freien Energieträgern zu bringen.

Um eine Vision für das Rechenzentrum der Zukunft zu entwerfen, lenkt Stefan Maier, Geschäftsführer bei Prior1 die Blicke auf Energieeffizienz, Etablierung von Stoffkreisläufen und eine Entwicklung hin zu Zero-Waste. Sieben Punkte sind seiner Meinung nach ausschlaggebend, die Betreiber von Datacentern bei ihrem Wachstum in den kommenden Jahren ins Auge fassen werden.

Erhöhung der Energieeffizienz
In den letzten Jahren sind, aufgrund der hohen Energiekosten, massive Anstrengungen unternommen worden, um die Effizienz in Rechenzentren zu erhöhen. Daher arbeiten moderne Rechenzentren mittlerweile hoch-effizient. Dennoch sind Rechenzentren enorme Energieverbraucher und damit auch Verursacher eines hohen CO2-Ausstoßes. Dabei verbraucht die IT rund 60 bis 80 Prozent der Energie, die Gebäudeinfrastruktur 20 bis 40 Prozent. Experten gehen davon aus, dass der Energieverbrauch der IT und von Rechenzentren mittlerweile höher ist als der des Flugverkehrs. Tendenz: stark steigend.

Paradigmenwechsel: Rechenzentren sind keine Monolithen
Bislang beziehen sich Energieeffizienz-Berechnungen von Rechenzentren rein auf diese selbst – unabhängig von der Umwelt. Werden Rechenzentren allerdings als Bestandteil des öffentlichen Lebens und der Infrastruktur betrachtet, eröffnen sich neue, gewaltige Optimierungspotentiale. Ein Paradigmenwechsel ist daher notwendig, damit Rechenzentren besser an künftige Anforderungen angepasst werden können.

Einsatz regenerativer Energien
Vor dem Hintergrund der Kosten und der Klimaveränderungen ist es künftig unabdingbar, dass Rechenzentren mit regenerativer Energie betrieben werden. Werden große Rechenzentren beispielsweise Serverfarmen in der Nähe von Windparks oder Solarfeldern errichtet, profitieren sie von sauberer Energie mit kurzen Transportwegen.

Gezielte Wärme-Nutzung
Da Rechenzentren viel Wärme erzeugen, sollten sie zudem in der Nähe von wärmebedürftigen Infrastrukturen, gebaut werden. Das können Gewächshäuser, Vertical beziehungsweise Container Farming oder Aquaponic-Anlagen sein. Bei Rechenzentren mit Wasserkühlung kann das entstehende, rund 60 Grad warme Wasser, zum Beispiel zum Heizen umliegender Gebäude genutzt werden.

Edge-Computing verleiht der Entwicklung Schub
Der IoT-Trend spielt bei der Entwicklung der Rechenzentren eine entscheidende Rolle. Denn IoT-Anwendungen benötigen eine schnelle und sichere Datenverarbeitung. Daher setzen die anbietenden Unternehmen zunehmend auf kleinere, regionale oder lokale Rechenzentren, wie Edge- oder Mikro-Rechenzentren. Diese könnten, da Energie leichter über weitere Strecken transportierbar ist als Wärme, mit regenerativer Energie versorgt und an lokale Fernwärmenetze oder direkt an Gebäude- und Prozessheizungen angebunden werden.

Etablierung von Stoffkreisläufen
Der Materialeinsatz in Rechenzentren, der für die IT und die Versorgungstechnik sowie für die Sicherung des Betriebs aufgewendet wird, ist hoch. IT-Komponenten und die technische Gebäudeausstattung alle paar Jahre zu erneuern, ohne die alten Teile weiter zu nutzen, ist nicht zukunftsträchtig. Hier sind neue Lösungen dringend erforderlich. Denn langfristig müssen Rechenzentren zwingend zu Zero-Waste-Anlagen werden.

Faire CO2-Steuer wäre Turbo für die Rechenzentrumsentwicklung
Deutlich beschleunigt werden könnten diese Entwicklungen durch eine faire CO2-Steuer. Zwar fallen ab kommendem Jahr  25 Euro pro Tonne CO2-Ausstoß an Abgaben an. Dieser Betrag deckt aber laut wissenschaftlicher Experten die tatsächlichen CO2-Folgekosten bei weitem nicht ab. Erforderlich wäre eine Abgabe von 180 Euro pro Tonne, so das laut Umwelt Bundesamt. Es ist davon auszugehen, dass es in den nächsten Jahren zu Erhöhungen bei der CO2-Steuer kommt. Dies wird für eine deutliche Beschleunigung bei der Entwicklung der Rechenzentren sorgen.

 

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