Bitkom, Eco und GDA

Politische Rahmenbedingungen für RZ-Standort Deutschland

25. Oktober 2022, 10:51 Uhr | Lukas Steiglechner
© Alexmit / 123rf

Die Verbände Bitkom, Eco und GDA haben ein gemeinsames Positionspapier veröffentlicht. In diesem beschreiben die Verbände politische Rahmenbedingungen, mit denen sich der Rechenzentrums-Standort Deutschland verbessern lassen soll.

Rechenzentren sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Deutschland, sehen aber ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem europäischen und globalen Markt in Gefahr. Grund dafür sind nicht nur die bereits vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sehr hohen Stromkosten in Deutschland, sondern auch der zunehmende Fachkräftemangel und die noch immer zu stark auf analogen Prozessen beruhende Bürokratie. Ab 2027 sollen neue Rechenzentren klimaneutral ausgelegt sein. Die dafür notwendigen Rahmenbedingungen seien noch nicht ausreichend gegeben, wie die Verbände Bitkom, Eco und GDA (German Datacenter Association) in einem gemeinsamen Positionspapier darlegen. Insbesondere müsse die Energiewende drastisch beschleunigt werden, um die kontinuierliche Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien sicherzustellen. „Rechenzentren stehen im Zentrum der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Ohne hochleistungsfähige Rechenzentren und Telekommunikationsnetze können wir die notwendige Digitalisierung und Dekarbonisierung Deutschlands nicht vorantreiben“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.

Hintergrund: Das Gebiet Frankfurt/Rhein-Main ist mit einem der größten Internetknoten der Welt (DE-CIX) einer der bedeutendsten Rechenzentrums-Standorte in Europa und baut aufgrund des Brexits seine Position kontinuierlich aus. Auch Standorte wie Berlin gewinnen weiter an Bedeutung. Insbesondere der sogenannte Colocation- und Housing-Markt ist einer der wesentlichen Treiber des Wachstums. Colocation bezeichnet die Bereitstellung von Rechenzentrumskapazität für Betreiber von IT-Systemen. 2020 machten Colocation-Rechenzentren, die oft von mehreren Unternehmen genutzt werden, bereits 40 Prozent der Rechenzentrums-Kapazität in Deutschland aus. Die von funktionsfähigen Rechenzentren abhängige Internetwirtschaft erwirtschaftet in Deutschland 2022 insgesamt voraussichtlich 195 Milliarden Euro. Bis 2025 wird sich das Marktvolumen der gesamten Internetwirtschaft auf circa 245 Milliarden Euro erhöhen und sieben Prozent des deutschen Bruttoinlandprodukts ausmachen.

Wichtig ist, so die Verbände, die richtigen Weichen für diesen Weg zu stellen. Zu den Forderungen des Positionspapiers der Verbände gehört daher unter anderem:

  • Die Sicherung von Fachkräften, nicht nur aus dem IT-Bereich, sondern auch aus den Gebieten Strom- und Klimaversorgung. Rund 130.000 Vollzeit-Arbeitskräfte sind aktuell in der Rechenzentrums-Branche beschäftigt und zusätzliche 80.000 Arbeitsplätze sind indirekt von Rechenzentren abhängig. Das prognostizierte Wachstum der Rechenzentrums-Branche geht mit einem zukünftig noch höheren Bedarf an Fachkräften einher.
  • Eine Neudefinition, wann Rechenzentren als kritische Infrastruktur (KRITIS) gelten. Momentan dient als einziger Indikator die Größe, gemessen an der elektrischen Leistung der IT. Kommunale IT-Infrastruktur wie Stadtwerke sind jedoch häufig bei kleineren Rechenzentren angesiedelt. Die IT-Leistung darf deshalb nicht der einzige Indikator sein.
  • Die Priorisierung im Krisenfall: Vor dem Hintergrund der drohenden Energiekrise müssen systemrelevante IT-Infrastrukturen stärker berücksichtigt werden. Rechenzentren müssen bei der Aufstellung eines Energieverteilungsplans (Strom und Treibstoff) bei anhaltender Knappheit ebenso prioritär behandelt werden.
  • Die Digitalisierung und Beschleunigung von Genehmigungsprozessen: Hierzu sollte das Investitionsbeschleunigungsgesetz auf Rechenzentren ausgeweitet werden. Genehmigungsprozesse benötigen teilweise mehr als zwölf Monate, während in anderen EU-Ländern Verfahren häufig in wenigen Wochen abgeschlossen werden. Dies führt zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil.
  • Die Förderung der Nutzung von Rechenzentrums-Abwärme: Wärmenetze älterer Generation müssen ertüchtigt, Abnahmeverpflichtung für städtische Energieversorger gesetzlich verankert werden. Insbesondere in Regionen mit hoher Rechenzentren-Kapazität könnten Rechenzentren maßgeblich zur kommunalen Wärmewende beitragen.
  • Handlungsbedarf gibt es auch bei den hohen Stromkosten in Deutschland. „Nur wenn die Energiekosten im europäischen und internationalen Vergleich wettbewerbsfähig sind, kann Deutschland zum Top-Standort für Rechenzentren werden“, heißt es in dem Positionspapier. Entscheidend ist zudem die schnelle Umsetzung der Energiewende. Insbesondere für hochverfügbare Rechenzentren sei die kontinuierliche Verfügbarkeit von Strom von enormer Bedeutung.

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