CRN-Kopfnuss

Wie Amazon die Festtage rettet

23. Oktober 2015, 11:04 Uhr | Daniel Dubsky
© endostock - Fotolia

Amazon will in seinen deutschen Logistikzentren Flüchtlinge als Saisonarbeiter einsetzen. Das rettet nicht nur Weihnachten, sondern dürfte bald auch als Vorbild für andere Unternehmen dienen, wie die CRN-Kopfnuss ermittelt hat.

Amazon hat angekündigt, in seinen deutschen Logistikzentren Flüchtlinge als Saisonarbeiter einsetzen zu wollen. Auf diese Weise will der Online-Händler im anstehenden Weihnachtsgeschäft für eine flotte Bearbeitung aller Bestellungen sorgen und sicherstellen, dass es nicht zu Verzögerungen durch Streiks kommt. Ein Sprecher des Weihnachtsmanns begrüßte das Vorhaben ausdrücklich. »Damit zeigt Amazon ein Herz für Kinder, die am Heiligen Abend auf nichts sehnlicher warten als ihre Geschenke«, sagte er und gab bekannt, in den nächsten Tagen die Verhandlungen mit der Wetterfee aufnehmen zu wollen, um lieferverzögerndes Glatteis zu verhindern.

Von Gewerkschaftsseite reflexartig aufkommende Kritik an den Amazon-Plänen konterte der Deutschland-Chef des Versenders locker. »Natürlich werden wir den Mindestlohn zahlen«, versprach er; Amazon würde sogar Zusatzleistungen wie Sprachkurse anbieten und so einen wichtigen Beitrag zur Integration der Flüchtlinge leisten. Allerdings käme man nicht umhin, hier marktübliche Preise aufzurufen, denn als börsennotiertes Unternehmen stehe man unter gewaltigem Druck von Aktionären. Man sei aber bereit, jedem Flüchtling ein kleines Willkommenspaket mit einer Tüte Gummibärchen sowie Gutscheinen für Vistaprint und Parship zu schnüren.

Wie aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums bekannt wurde, lotet Amazon derzeit aus, ob staatliche Zuschüsse eingefordert werden können. Einer Quelle der CRN-Kopfnuss zufolge droht das Unternehmen, die bereits in der Einlernphase befindlichen Flüchtlinge zurück in die überfüllten städtischen Unterkünfte zu schicken. Ohne Fördergelder sei das Modell nicht tragfähig, heißt es. Weder für Amazon noch die Flüchtlinge. Ziehe man ihnen die Tagessätze für Unterbringung, Verpflegung, Ausbildung und Beschäftigung vom Mindestlohn ab, würden sie Amazon nach einem 18-Stunden-Tag noch 3,50 Euro schulden, so interne Berechnungen.

Interessiert schaut die Wirtschaft nun auf Amazon, denn auch andere Unternehmen spielen bereits mit dem Gedanken, Flüchtlinge anzuheuern. So soll die Deutsche Bahn etwa vorhaben, eine stille Reserve an nicht gewerkschaftlich organisierten Lokführern aufzubauen, während einige Einzelhändler ein »Refugee Sharing« entwickeln, um bei Verkaufsstarts bestimmter Produkte durch lange Schlangen vor den Geschäften einen Apple-ähnlichen Hype zu suggerieren.


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