Zertifizierung

Zwei Engel für das Rechenzentrum

1. Dezember 2021, 12:05 Uhr | Lukas Steiglechner
© Scanrail / Fotolia

Dass Rechenzentren mit ihrem teils immensen Stromverbrauch nicht immer klimafreundlich sind, ist kein Geheimnis. Betreiber können ihre Datacenter aber nachhaltig konzipieren und entsprechend zertifizieren lassen. Nachweisen lässt sich das unter anderem mit dem Siegel „Blauer Engel“.

Auch im IT-Bereich werden Zertifikate und Prüfsiegel immer wichtiger – sei es für Sicherheit, Langlebigkeit oder auch Kompatibilität mit anderen Lösungen und Technologien. Und nicht erst seit Kurzem ist auch Nachhaltigkeit zu diesen Aspekten hinzugestoßen, vor allem bei einem der größten Energieverbraucher: Rechenzentren.

Eines der wohl bekanntesten deutschen Umweltzeichen ist der „Blaue Engel“. In der Studie „Umweltbewusstsein in Deutschland 2014“ des heutigen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (zu diesem Zeitpunkt Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit) haben 92 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger gesagt, dass ihnen dieses Siegel bekannt ist. Zudem haben 37 Prozent der Befragten erklärt, dass der Blaue Engel ihre Kaufentscheidung beeinflusst. Und das in vielen Bereichen. Denn den bereits vor 40 Jahren etablierten Blauen Engel gibt es bereits für etliche Produktgruppen – vom Waschmittel über Omnibusse bis hin zum VoIP-Telefon. Und mittlerweile auch für Rechenzentren.

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Blauer Engel
Das Umweltsiegel „Blauer Engel“ können Betreiber von Colocation-Rechenzentren beantragen, um ihr Angebot als klimaschonend auszuweisen. Dafür müssen sie einen strengen Anforderungskatalog erfüllen.
© Blauer Engel

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), das Inhaber des Blauen Engels ist, unterscheidet bei Rechenzentren zwei Kategorien: „Energieeffizienter Rechenzentrumsbetrieb“ und „Klimaschonende Co-Location-Rechenzentren“. In der erstgenannten Kategorie wurden jedoch bisher lediglich zwölf Zertifikate vergeben. Bei den „Klimaschonenden Co-Location-Rechenzentren“ ist es sogar aktuell nur ein Datacenter, das das Siegel vorweisen kann. Dabei kann der Blaue Engel gerade im starken Wettbewerb der verschiedenen Colocation-Anbieter einen klar ersichtlichen Mehrwert schaffen. Betreiber weisen nach, dass ihr Rechenzentrum Nachhaltigkeitskriterien erfüllt, die eventuell gar in Ausschreibungen gefordert werden. Grund der geringen Zahl der vergebenen Siegel ist aber auch, dass der Blaue Engel für Colocation-Rechenzentren erst im Januar 2020 veröffentlicht wurde und eine Beantragung für das Zertifikat mindestens ein Jahr Vorlauf benötigt. Allerdings sagt Marina Köhn, Verantwortliche für den Bereich Rechenzentren beim Umweltbundesamt, dass sie bereits von einigen Rechenzentren wisse, die das anstreben. So will beispielsweise auch Betreiber Maincubes seine künftigen Rechenzentren so bauen, dass sie sich für den Blauen Engel qualifizieren. Aktuell erfüllt das Datacenter FRA02 von Maincubes alle Anforderungen – bis auf den Einsatz von halogenfreien Kältemitteln. Antje Tauchmann, Head of Marketing von Maincubes, kritisiert, dass „das Umweltsiegel damit etwas fordert, was derzeit kein großes Rechenzentrum erfüllen kann“. Diese Kältemittel seien nämlich für aktuelle Kältemaschinen in großen Rechenzentren nicht verwendbar. Und auch die Anforderungen für einen Blauen Engel sind fraglos hoch angesetzt:

  • Power Usage Effectiveness (PUE): Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme bestimmt den Mindestwert. So brauchen Rechenzentren, die seit dem 1. Januar 2019 aktiv sind, einen PUE von 1,3 oder weniger
  • Energieeffizienz des Kühlsystems: Jahresarbeitszahl >8 bei Inbetriebnahme nach 01.2019
  • Einsatz von halogenfreien Kältemitteln
  • Strom, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammt
  • Anreize für Energieeinsparung auf Seiten der Nutzer

Diese Kriterien sind laut Köhn bereits als „Best Practice beim Rechenzentrumsneubau etabliert“. Zudem sei ein Rechenzentrum, das den Blauen Engel hat, „gleichzeitig kostensparend und energieeffizient“, wirbt die Verantwortliche des Umweltbundesamtes für die Umsetzung im Rahmen des Siegels.


  1. Zwei Engel für das Rechenzentrum
  2. Komplexe Anforderungen über die Infrastruktur hinaus

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