Warum nur?

Aufgeregtheit um Home Office

1. Juli 2021, 15:56 Uhr | Martin Fryba
© AdobeStock/Sergey Rusakov

Gegner und Befürworter streiten über Sinn und Unsinn des Home Office. Derweil rückt die ICT CHANNEL-Redaktion ab heute wieder im Büro ein. Ein persönlicher Rück- und Ausblick, wofür es sich zu streiten wirklich lohnt.

Ab heute heißt es für die Redaktion von ICT CHANNEL wieder „Office First“. Keine Frage: Wir freuen uns sehr, als Team nicht mehr ausschließlich virtuell zusammen zu arbeiten, wie wir das in den letzten acht Monaten tun mussten. Wir freuen uns auf das persönliche Miteinander, auf informelle Treffen mit Kolleginnen und Kollegen, wo im lockeren Gespräch auch über Privates Sympathien, bisweilen Freundschaft und auf jeden Fall Gemeinschaft wieder gestärkt werden. Wir freuen uns wieder auf jene Spontaneität in Küchen oder beim Mittagessen, wo der Zufall so manche hervorragende Idee geboren hat. Wir freuen uns, ja durchaus auch darauf, dass lautstarke Emotionen in Meetings oder Redaktionssitzungen wieder aufflammen dürfen. Nichts schlimmer als eine anästhesierende Ruhe und verordnete Harmonie , die sich wie ein Schleier aus Blei über Flur und Mensch legt.

Wir freuen uns … . Wer indes ist „wir“? Es geht, wie in vielen Unternehmen auch, ein Riss durch die viel zu lange nur virtuell erlebte Firma.

Führungskräften in vielen Firmen war und ist im Zusammenhang mit „Office“ allein das vorangestellte „Home“ schon eine Bestätigung, was sie schon immer von Angestellten und Firmenkultur hielten: Vertrauen ist schön und gut, Demand and Control mit strikter Büropräsenz, wie man es aus Pre-Coronazeiten kennt,  ist besser und effizienter. Angelegtes Misstrauen, wenig Zutrauen in die eigenverantwortliche Selbstorganisation jedes Einzelnen, Ängste vor dem Fall von Macht und Hierarchien, das können Gründe sein, warum Manager oder Inhaber wie Trigema-Chef Wolfgang Grupp im „Office Only“ wieder vermeintliche Gewissheit und Sicherheit zurückzugewinnen glauben. Zudem können unter anderem höhere Infrastrukturkosten gegen Home Office sprechen, wenn Firmen nicht gleichzeitig Büroflächen reduzieren, was die meisten Unternehmen hierzulande nicht vorhaben.

Ja sicher, es gibt sie auch in jeder Firma: Mitarbeiter, die sich mit dem Satz „das sollen Kollegen mit mehr Müßiggang erledigen“ vor Arbeit drücken, wo es nur geht. Home Office mag ihnen ein langes, im besten Fall gut bezahltes Fest gewesen sein. Sie werden nicht produktiver, nur weil sie jetzt ins Büro zurück beordert werden.  Abgesehen davon, dass sich keine Firma und kein Team so eine Haltung leisten will und kann.

Auch Mitarbeiter mit langem Pendlerweg werden wieder alte Gewissheiten zurückbekommen: Vergeudete Stunden im Stau, S-Bahn-Ausfälle und überfüllter Nahverkehr in Metropolen, weniger Zeit für Familie, Freunde, dafür wieder viele langatmige Meetings, die schnell vergessen machen, dass man im virtuellen Raum schneller auf den Punkt kommt. Müssen Firmen auf private Umstände ihrer Angestellten Rücksicht nehmen? Müssen sie sicher nicht, wenn ihnen Erfahrung und Substanz entbehrlich scheinen. Ebenso wenig müssen Mitarbeiter zurück ins Office Only, die Flexibilität und Eigenverantwortung im „New Work“ schätzen gelernt haben und deren Arbeitgeber diese Werte teilt. Ein gesetzlicher Anspruch auf Home Office ist schlicht überfüssig. Der Arbeitsmarkt regelt, welche Rahmenbedingungen attraktiv sind und welche nicht.

Weniger Aufgeregtheit über das „Wo“, mehr Energie auf das „Was“ und „Wie“ würde uns wieder auf fruchtbaren Boden zurückführen und über das Wesen hervorragender Arbeit nachdenken lassen. Die Pandemie hat uns dank Digitalisierung vielfältige Wahlmöglichkeiten vor Augen geführt, hat uns Grenzen der vernetzten Arbeit aufgezeigt (vor allem bei Messen), uns aber auch Freiheiten geschenkt wie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit. Und sie sollte uns „Office Worker“ vor allem aus der IT-Branche bewusst gemacht haben, wie privilegiert wir doch in unseren Heimbüros haben weiter arbeiten können im Vergleich zu Millionen anderer, die im Krankenhaus Dienst tun, an der Kasse sitzen, unsere Pakete zu uns nach Hause liefern oder ihre Kunst notgedrungen ohne Bühne und Publikum auf Eis legen müssen.

Weniger Aufgeregtheit über das „Wo“, sollte auch eine Gelegenheit sein, aus den Erfahrungen der letzten 15 Monate zu lernen. „Das Beste aus beiden Welten“, höre ich in letzter Zeit immer wieder dieses Gebot der Stunde, wenn alte und neue Technologie verschmelzen.

„Hybrid“ ist die Zukunft, heißt es, und ich bin mir sicher, so wird auch die künftige Arbeitswelt für uns Redakteure bei ICT CHANNEL  und in vielen anderen Firmen sein. Sie ist es ohnehin schon,  seit ICT CHANNEL 1995 von Messen und Channel-Events aus aller Welt berichtet. Übrigens ohne dass wir hinter uns eine Peitsche spüren müssen. Die haben eigenverantwortliche und engagierte Journalisten im eigenen Leib.

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