Online-Shops in der Zwickmühle

Betrug im E-Commerce auf Rekordniveau

1. Juli 2021, 10:12 Uhr | Martin Fryba
Unter falscher Identität bestellt, anonym an der Packstation abgeholt. Die Zeche des Online-Betrugs zahlen seriöse Kunden
© DHL

Nichts soll die ohnehin hohe Kauflaune im Internet trüben, doch viele Risk- und Fraud-Tools zur Betrugserkennung im Online-Shop sind wahre Conversion-Killer. Tatenlos zusehen, wie betrügerisches Shoppen zunimmt, ist keine Alternative.

Mit steigendem Online-Umsatz nimmt auch der Betrug kontinuierlich zu, bilanziert Crifbürgel in seiner jährlich durchgeführten Studie „Betrug im E-Commerce“. 91 Prozent der befragten Online-Händler in Deutschland, Österreich und der Schweiz gaben an, vergangenes Jahr Opfer von Betrug oder Betrugsversuchen geworden zu sein. 41 Prozent registrierten einen deutlichen  Anstieg krimineller Käuferaktivitäten, ein neuer Rekordwert im DACH-Raum, stellt die Wirtschaftsauskunftei fest. Händler in Deutschland trifft es sogar noch härter: Hier berichten zwei von drei Online-Händler von einer Zunahme betrügerischer Käufe.


Geschäftsführer Frank Schlein sieht vor allem einen Anstieg professioneller und organisierter Betrugsversuche. „Diese sind meist schwer zu durchschauen und die Auswirkungen für die Händler reichen von finanziellen Einbußen über hohe juristische Kosten bis hin zu Reputationsschäden“.


Falsche Identität kommt am häufigsten vor
Die Methoden der Betrüger reichten laut Crifbürgel von simpel bis hochprofessionell – allen voran ist der Identitätsmissbrauch die häufigste Betrugsform: 76 Prozent der befragten Online-Händler im DACH-Raum waren laut Umfrage davon betroffen, dass Namens- oder Adressdaten verfälscht angegeben wurden. 75 Prozent der Händler hätten die Erfahrung gemacht, dass sich ein Kunde als eine komplett andere reale Person ausgegeben hatte.


Auch die Zahlungsunfähigkeit und -unwilligkeit der Kunden – nämlich das Bestellen einer Ware mit dem Wissen, die Rechnung nicht bezahlen zu können oder zu wollen – habe für 71 Prozent  der Händler ein Problem dargestellt. Bei 52 Prozent der Shops käme es vor, dass der Kunde die Zustellung der Ware bestritten hatte. Bei der Hälfte aller betrügerischen Bestellungen sei die Indentität des Käufers frei erfunden worden.


Mit Blick auf die relativ niedrigen Schadensummen könnten Händler abwägen: Nimmt man sie in Kauf und preist den Schaden ein?  Dann würde die seriöse Kundschaft die Zeche zahlen. 63 Prozent der Online-Händler in Deutschland, Österreich und der Schweiz meldeten einen Ausfall von bis zu 10.000 Euro. Bei knapp jedem zehnten Shop lag der Gesamtausfall hingegen bei über 100.000 Euro.


Conversion-Killer Risk- und  Fraud-Tools
Oder setzt man bei verdächtigen Bestellungen auf mehr manuelle Kontrolle, beziehungsweise auf Risikoüberprüfung, wie sie so genannte Risk- und  Fraud-Tools auf Basis eines Regelwerks automatisiert versprechen? Dann würde sich ein neuerliches Risiko einstellen. Nämlich der Kaufabbruch, wenn seriöse Kunden wegen solcher Überprüfungen Hürden überwinden müssten und schließlich genervt aufgeben. „Zu viel Schutz vor Betrug lässt den Umsatz sinken – wie die geschlossene Ladentür im stationären Handel“, erklärt Crifbürgel-Chef Schlein und plädiert für „das richtige Maß an Risikovermeidung und einer userfreundlichen Customer Journey“.


Um Kunden beim Kaufvorgang nicht abzuschrecken, die man zuvor mühsam vom nur einen Klick entfernten Wettbewerber auf den eigenen Shop gebracht hat, müssten die Risk- und  Fraud-Tools laut Schlein auf einer „intelligenten Entscheidungslogik“ basieren und automatisiert Betrugsmuster erkennen, beispielsweise das verwendete Endgerät, nennt der Geschäftsführer ein Beispiel.


Zu tiefe Einblicke in die eigene Präventionslogik seiner Lösung will der Manager indes nicht öffentlich geben. Das verbietet die Professionalität jener schwarzen Schafe, die neben stehlen auch lesen und kombinieren können.

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