Preisvergleichsportal Idealo

Schnell noch draufhauen auf Kaspersky

23. März 2022, 8:23 Uhr | Martin Fryba
„Die Statistik ist wie eine Laterne im Hafen. Sie dient dem betrunkenen Seemann mehr zum Halt als zur Erleuchtung“. Hermann Josef Abs
© AdobeStock/Hungry Herbivore

Statistik diene dem betrunkenen Seemann mehr zum Halt als zur Erleuchtung. Wie wahr das Zitat ist, belegt ein trauriges wie tölpelhaftes Chart des Preisvergleichsportals Idealo.

Wie produziert man eine rasant steil nach oben schießende Kurve? Es gibt viele Möglichkeiten. Die grafische zuerst: Man staucht oder dehnt die Koordinatenachsen so stark, bis der gewünschte Effekt eintritt. Gepaart mit einem chronologischen Trick, klappt das ganz hervorragend, wenn man einen Zeitpunkt mit einem hohen Ausschlag wählt. Zum Beispiel den 15. März 2022. Das BSI hatte an diesem Tag eine Warnung ausgesprochen, Sicherheitssoftware von Kaspersky nicht mehr zu benutzen. Kaspersky, russische Wurzeln, sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Angesichts des Angriffs von Russland gegen die Ukraine sei die BSI-Warnung vor den IT-Security-Produkten von Kaspersky politisch motiviert.

Ohne Frage: Eine bessere Steilvorlage für die Produkte der Konkurrenz gibt es nicht. Es ist aber auch nicht so, dass jeder Verbraucher einen News-Alert des BSI auf seinem Handy eingerichtet hat und praktisch minütlich darauf wartet, was eine Bundesbehörde von sich gibt.

Genau diesen Eindruck muss man gewinnen, wenn man sich das Chart zur Nachfrage von Sicherheitssoftware anschaut, das vom Preisvergleichsportal Idealo konstruiert wurde. Kaspersky verliert noch nicht einmal dramatisch, wenn man die Kurve im Chart anschaut. Dafür soll die Nachfrage nach Produkten der Firma Bitdefender förmlich explodiert sein – und zwar schon einen Tag vor der BSI-Meldung am 15.3.2022, wie man aus der schlampig ungenauen Zeitachsenbeschriftung herauslesen muss.

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Nachfrage-Chart IT-Security soll zeigen, wie sehr der Kaspersky-Wettbewerb von der BSI-Warnung am 15.März profitiert
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Dann hantiert Idealo mit Zahlen, freilich nicht mit realen Zahlen, sondern relativen Vergleichen. Allgemein soll das Interesse für Antivirenprogramme und PC-Sicherheit auf der Plattform am Tag der BSI-Warnung vor Kaspersky um rund 590 Prozent gestiegen sein. Die Kaspersky-Nachfrage sei um 40 Prozent gefallen. Bitdefender, NortonLifeLock und McAfee wurden in einen Topf geworfen und sieht da: im Vergleich zum Vortag kommt ein 1.630 Prozent-Nachfrageboom heraus, wovon vor allem Bitdefender profitieren soll, wie die steil nach oben schießende Kurve für diesen Kaspersky-Konkurrenten suggeriert.

Ob aus der Nachfrage auch ein Kaufabschluss wurde, weiß man ebenso wenig, wie man die Höhe der Provision nicht erfährt, die Idealo aus einem über ihr Preisvergleichsportal einfädelten Deal zieht. Kaspersky ist jedenfalls nach der BSI-Warnung genug gestraft, da die Wechselbereitschaft bei Business-Kunden tatsächlich hoch ist, wie ICT CHANNEL von Partnerseite hört.

Fazit: Die Idealo-PR springt auf jeden Zug auf, der gerade mit großem Getöse einfährt. Wenn man indes beim Kerngeschäft Preisvergleich genauso verfährt wie bei der Statistikerstellung für PR-Zwecke, stellt sich die Frage, wie seriös solche Vergleichsportale eigentlich sind. Man muss angesichts fehlender realer Zahlen und Kurven, die nur aufgrund von Prozentangaben erstellt wurden und einen D-Day markieren sollen, an den legendären Deutsche Bank-Chef Hermann Josef Abs denken. Der hatte einst gesagt: „Die Statistik ist wie eine Laterne im Hafen. Sie dient dem betrunkenen Seemann mehr zum Halt als zur Erleuchtung“.


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