Mit seiner nächste Woche anstehenden Entscheidung zu einer Klage gegen Facebook könnte der Europäische Gerichtshof das Recht amerikanischer Unternehmen, Daten europäischer Nutzer in die USA zu übertragen, deutlich einschränken oder gar ganz verbieten.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat für nächste Woche einen wichtigen Urteilstermin angesetzt, der einige gravierende Veränderungen für amerikanische IT-Unternehmen und ihre europäischen Privat- und Firmenkunden mit sich bringen könnte. Am 6. Oktober wollen die Richter verkünden, ob und inwieweit US-Unternehmen künftig noch Daten europäischer Nutzer in die USA übertragen und dort speichern dürfen. Hintergrund des Streits ist vor allem der mögliche Zugriff von US-Geheimdiensten auf entsprechende Daten. Obwohl es im konkreten Fall eigentlich um den Streit des österreichischen Maximilian Schrems gegen Facebook geht, wird das Urteil in jedem Fall auch zahlreiche andere IT-Anbieter betreffen.
Wieviel Sprengkraft in dem Prozess steckt, zeigt bereits das Gutachten des Generalanwalts des EuGH, Yves Bot, zu dem Fall. Darin fordert Bot deutliche Einschränkungen gegenüber der heute üblichen Praxis beim Datenverkehr in Richtung USA. Seiner Ansicht nach sollten die Richter des EuGH die Vereinigten Staaten aufgrund der weitläufigen Abhöraktivitäten ihrer Geheimdienste sogar aus dem »Safe Harbor«-Abkommen ausschließen, das einen freien Datenverkehr in sichere Länder regelt. Folgt der EuGH diesem Gutachten, würde er damit die Sichtweise der EU-Kommission revidieren, welche den USA vor 15 Jahren ausreichenden Datenschutz attestiert hatte um als ein solcher sicherer Hafen für Daten zu gelten. Da die Richter den Empfehlungen des Generalanwalts normalerweise weitgehend folgen, droht also ein politischer und wirtschaftlicher Eklat, der insbesondere für einige Cloud-Anbieter zu schwerwiegenden Einschränkungen für ihr Geschäftsmodell führen könnte.
Doch selbst wenn die Richter Bots Argumenten nicht in vollem Umfang nachgeben, dürfte das Urteil dennoch zu einigem Streit und diplomatischen Verwirrungen sowie erheblichen Problemen für amerikanische IT-Unternehmen führen. Die europäische US-Vertretung schlägt deshalb auch bereits vorab Alarm und greift Bot und sein Gutachten auf ihrer Webseite hart an. »Wir respektieren die europäische Gerichtsbarkeit voll und ganz. Dennoch sind wir der Ansicht, dass in dieser Sache unbedingt angemerkt werden sollte, dass die Meinung des Generalanwalts auf zahlreichen ungenauen Annahmen über die Geheimdienstpraktiken der USA beruht«, so eine Stellungnahme auf der Webseite der amerikanischen EU-Botschaft. Als hätte es die Enthüllungen Edward Snowdens nie gegeben, versichern die Diplomaten: »Die Vereinigten Staaten haben niemals und werden keine grundlose Überwachung jedweder Personen durchführen, inklusive normaler europäischer Bürger.« Eine gewagte Aussage zur Beschwichtigung der höchsten europäischen Gerichtsbarkeit, die in ihrer Glaubwürdigkeit für die meisten Europäer aktuell wohl sogar noch hinter »Die Erde ist eine Scheibe« stehen dürfte.