Deutschland-Chefin von Oracle

»Cloud First, aber auch not Cloud only«

30. Oktober 2020, 8:30 Uhr | Martin Fryba
»Unternehmen wollen auch weiterhin eine eigene Infrastruktur und on premise-Anwendungen, aber auch Cloud in allen Varianten«, sagt Oracle-Deutschland-Chefin Stefanie Kemp im Interview mit ICT CHANNEL (Ausgabe 22, 30.Oktober 2020)
© Oracle

Die Oracle Cloud ruckelt kein einziges Mal im einstündigen Zoom-Interview mit Stefanie Kemp. Ihre 100-Tage-Bilanz: Bestens aufgestellt mit OCI, Wahlfreiheit des Cloud-Bezugs, kaum Partnerkonflikte. Oracle-Chefin Kemp steht für weniger Distanz und mehr Nähe. Und ihr Handungsspielsraum?

Recruiting in Zeiten von Corona: Wie muss man sich das vorstellen? Ganz digital oder sind Sie auf Larry Ellisons Jacht handelseinig geworden?
Stefanie Kemp: Wenn ich eine Einladung auf seine Jacht bekommen hätte, wäre ich ihr sehr gerne gefolgt. Das war aber nicht nötig. Es ist tatsächlich alles digital abgelaufen per Telefon und Videokonferenz. Die Kunst des Netzwerkens hat natürlich geholfen. Einige Kollegen kannte ich aus früheren Zeiten, man war sich also nicht unbekannt. Natürlich muss der Anruf auch im richtigen Augenblick kommen. Es  war für mich sehr spannend, wie ein komplett digitales  Recruiting funktioniert. Derzeit sind fast alle 135.000 Oracle-Mitarbeiter im Homeoffice. Sie haben ihre Arbeit und Vertriebsaktivitäten nahtlos vom Büro ins Zuhause verlegt. Und das funktioniert, was ich faszinierend finde. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich Empathie über digitale Kanäle entwickeln kann.


Ihre 100 Tage-Bilanz?
Kemp: Oracle ist ja ein Riesenunternehmen mit einem eignen Abkürzungsalphabet. Da muss man sich natürlich erst einfinden. Mittlerweile bin ich aber angekommen, auch dank der hervorragenden organisatorischen Strukturen, die mir bei Oracle ganz besonders gefallen. Fazit: Ich fühle mich bereits sehr wohl und bin glücklich über die Entscheidung, die ich mit Oracle getroffen habe.


Cloud ist das alles beherrschende Thema. Ist Oracle da zu spät dran?
Kemp: Das ist nicht ganz falsch, aber man muss das immer auch im Kontext der Technologieentwicklung sehen. Wir haben alle mit einem Commodore 64 angefangen und sind heute bei einem iPad angekommen. Mit  der Oracle Cloud Infrastructure haben wir nun einen der innovativsten Iterationen am Start. Das ist ein einzigartiges Produkt und überzeugt viele Kunden. Im Kontext der Digitalisierung sehe ich Oracle sehr gut aufgestellt. Wir können die komplette Infrastruktur anbieten, die ein Unternehmen für digitales Arbeiten braucht: Hardware, Middleware, Datenbanken, Applikationen und unseren Cloud-Stack. Nehmen sie Zoom: Das läuft auf der Oracle-Cloud.
Analysten schätzen, dass Unternehmen in drei bis fünf Jahren fast die Hälfte ihrer IT-Ausgaben für Cloud ausgeben werden. Davon profitiert Oracle. Natürlich gibt es schwierigere und langfristiger zu bearbeitende Felder. Große ERP-Systeme zum Beispiel. Da braucht es längere Entscheidungswege. Aber auch hier hilft uns das breite Produktangebot im Bereich Applikationen.

 

»Blech« sei austauschbar, hören wir oft. Nun hat Oracle Sun vor zehn Jahren gekauft, explizit, um Sun-Hardware  an die Oracle-Cloud zu binden?
Kemp: Wir lassen den Kunden die Wahl. Viele von ihnen sagen, wir hätten gerne das, was in der Public Cloud angeboten wird, in einer Private Cloud im eigenen Rechenzentrum. Da kommt unsere Hardware ins Spiel mit Cloud@Customer und den Exadata Systemen. Hier sind wir komplementär perfekt aufeinander abgestimmt. Im Übrigen wollen Unternehmen auch weiterhin eine eigene Infrastruktur und on premise-Anwendungen, aber auch Cloud in allen Varianten. Viele sagen zwar »Cloud First«, gleichzeitig aber auch »not Cloud only«. Dafür haben wir Partnermodelle aufgesetzt beispielsweise mit Microsoft und VMWare, um unser Portfolio exzellent erweitern zu können.


Multicloud führt dazu, dass sich kaum ein Hersteller dem Stack eines anderen verschließen kann. Wäre sogar eine Technologiepartnerschaft zwischen Oracle und Erzfeind SAP denkbar?
Kemp: Diese Frage wird mir immer gestellt. SAP hat in Deutschland eine starke Position im ERP-Markt und hier treten wir als Wettbewerber an. Aber SAP  betreiben, das können Sie natürlich auch in der Oracle-Cloud.


Wie wichtig sind Partner wie Systemhäuser und Integratoren für Oracle?
Kemp: Diese Partner sind ganz wichtig für uns. Natürlich hat Oracle eine sehr ausgeprägte Direktvertriebsorganisation. Ich sehe es als einen Vorteil, dass Partner Kundensegmente adressieren, wo wir noch keine eigene Rolle spielen. Dazu zählen auch die Beratungspartner, die mit dem Kunden technologische Strategien und Architekturen entwickeln, wo Oracle mit ins Spiel kommen kann. Da laufen heute bereits ganz viele Themen über Partner.


Direkter und indirekter Vertrieb: Es gibt kein solches Konstrukt, wo es nicht knirscht. Wie versucht Oracle Channelkonflikte auszuschließen?
Kemp: Kann man solche Konflikte überhaupt jemals in den Griff bekommen, stelle ich mir die Frage? Das hat alles mit den handelnden Personen zu tun und da wird es immer Diskussionen geben.Wir sind mit unseren Kollegen vom Partnerbereich ständig in Interaktion. Soweit ich das in der kurzen Zeit, die ich bei Oracle bin, überblicke, haben wir jedoch extrem wenige Konfliktfälle. Unsere strategische Aussage ist: Fair Play mit dem Partner zu spielen. Garantien abzugeben, hilft aber nicht. Fair Play muss gelebt werden.


Die Partnerlandschaft in Deutschland wie unsere gesamte Wirtschaft ist mittelständisch geprägt. Wenn US-Konzerne von Mittelstand reden, meinen die oft Unternehmen ab 500 Mitarbeitern. Wie sieht der Oracle-Channel aus in Deutschland?
Kemp: Ich komme ja aus der Anwenderrichtung und kann sagen, dass insbesondere mittelständische Kunden sich auf ihren Partner als einen Trusted Advisor verlassen, der das Supplier-Management im Hintergrund übernimmt.  Da können wir in beide Richtungen arbeiten, direkt und mit Partnern –das aber sehr transparent. Wir haben Partner mit 20,  50,  2.000 oder mehr Mitarbeitern. Das Spektrum ist extrem breit, wir arbeiten aber mit jedem Partner zusammen, der beispielsweise aufgrund seines Industriefokus beim Kunden agiert. Den beteiligen wir bei Oracle auch an Diskussionen.  Damit stärken auch wir unser Know-how über Partner.


Know-how an Partner zu vermitteln ist ureigenste Aufgabe der Distribution. Oracle geht hier sehr selektiv vor. Wir haben nicht den Eindruck, dass Oracle hierzulande überdistribuiert ist.
Kemp: Das sehe ich auch so und das hat etwas mit dem Qualitätssiegel zu tun. Natürlich könnten wir eine sehr breite Distribution-Partnerlandschaft aufbauen. Wenn Sie sich jedoch die Fülle unserer Zertifizierungen anschauen, ist es für Oracle wichtig, dass wir auf die Qualitätsmerkmale abzielen, die Distributionspartner erfüllen müssen. Wir sind da vielleicht etwas selektiver, aber darüber bin ich froh, denn letztlich muss es beim Kunden auf den Punkt genau passen, wenn er sich für Oracle-Lösungen entschieden hat.

 

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