E-Commerce in Österreich

»Covid-Krise wirkt als Urknall der Digitalisierung«

17. November 2020, 8:15 Uhr | Martin Fryba
Regionale Shops haben in Österreich das Nachsehen: Der E-Commerce-Boom kommt Händlern aus dem Ausland zugute
© EHI

Zweistelliges Wachstum und rund 50 Prozent Marktanteil: Österreichs Top-10-Etailer haben dreifachen Grund zum Jubeln: Corona-Sonderkonjunktur, den Ladengeschäften Anteile abgenommen und ihre Versuche scheitern sehen, im E-Commerce zu punkten. Die Bilanz aus österreichischer Sicht ist ernüchternd.

Mit einem Umsatzplus von 13,5 Prozent gegenüber 2018 wächst der E-Commerce Markt in Österreich von einem Gesamtumsatz der Top-250-Onlineshops von 3,17 Milliarden auf 3,6 Milliarden Euro in 2019. Dabei ist der Boom, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, in den Zahlen des EHI Retail Institute aus Köln noch gar nicht berücksichtigt. Schon jetzt aber ist klar: Der auch ohne Lockdown ins Hintertreffen geratene stationäre Einzelhandel wird 2020 erst recht noch mehr Anteile an Etailer verlieren. »Die Covid-Krise wirkt als Urknall der Digitalisierung und als Turboboost für den E-Commerce«, sagt Rainer Will, Geschäftsführer vom Handelsverband Österreich. Am Ende des Jahres werde »unser Land erstmals einen E-Commerce-Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz von mehr als elf Prozent erreichen«. Internethandel ist Strukturwandel, nicht nur in Österreich.


Hier wie dort zählt die Macht der Marke, sie kann, muss aber nicht zwangsläufig rein im Internet geboren worden sein, wie die Top-3 aus Österreich, Universal, zeigt. Und Bekanntheit zahlt sich aus. »Die Player auf den zehn vordersten Plätzen des Rankings verbuchen fast die Hälfte des Gesamtumsatzes der Top-250-Onlineshops«, so Nina Langer. Sie zeichnet sich verantwortlich für die Studie »E-Commerce-Markt Österreich 2020«, die B2C Onlineshops ausschließlich für physische Güter analysiert. Ihr Fazit: Die Marktkonzentration sei »weiterhin hoch«.


Bei den vorderen Plätzen gab es gegenüber den Vorjahreserhebungen keine Änderungen. Nach wie vor wird das Ranking von Amazon  (834,3 Millionen Euro), Zalando (346,8 Millionen Euro) und Universal (111,9 Millionen Euro) angeführt. Im Unterschied zum deutschen Markt schafft es neben den Generalisten, Bekleidungs- und Unterhaltungselektronikanbietern auch ein Unternehmen mit dem Hauptproduktsegment Drogerie und Gesundheit unter die Top 10: Shop-apotheke konnte seinen Platz im Ranking von vormals sechs nun auf Platz vier verbessern.


Die Shops auf den Plätzen elf bis 100 liegen bei 37,4 Prozent des Gesamtumsatzes. Den kleinsten Anteil haben auch in diesem Jahr wieder die Shops auf den Plätzen 101 bis 250 mit 12,9 Prozent, so die EHI-Studie.


Region stärken bleibt schwierig
Auf zwei Aspekte geht die Studie besonders ein, die typisch ist für den Strukturwandel im Handel vor allem in kleineren Ländern. Zum einen: Die Player kommen meist aus dem Ausland. Zum  anderen: Initiativen, den lokalen Handel am boomenden E-Commerce-Geschäft teilhaben zu lassen, glücken einfach  nicht. »Ein Großteil der österreichischen Internetausgaben fließt nach wie vor in den internationalen Online-Handel. Auch Versuche, durch Einrichtung österreichischer und regionaler Plattformen diese Abflüsse in das Ausland wesentlich zu reduzieren, zeigten in den letzten Jahren noch nicht den gewünschten Erfolg«, kommentiert Prof. Anton Salesny vom Institut für Handel und Marketing an der Wirtschaftsuniversität Wien.


Wie in anderen Ländern zeigt sich auch in Österreich, dass lokale Händler neben ihren eigenen Shops vor allem die Marktplätze von Amazon und Ebay als zusätzliche Vertriebskanäle nutzen. Befragungen der Händler haben ergeben, dass Amazon hier von 30,4 Prozent auf 35,2 Prozent in 2019 zulegen konnte. Ebay habe leicht dazugewonnen. Der Preis für eine Präsenz auf Marktplätzen: Abhängigkeit vom Plattformanbieter und bei Amazon dazu noch eine direkte Konkurrenzsituation.

 

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