Zahnlose Klima-Offensiven

Die grüne Heuchelei der Konzerne

11. Februar 2022, 12:17 Uhr | Lars Bube
© Rawpixel.com - AdobeStock

Bei einer Überprüfung der Integrität ihrer hehren Klimaschutzversprechen schneiden zahlreiche Weltkonzerne denkbar schlecht ab. Auch einigen vermeintlich sauberen ITK-Firmen wie Apple, Amazon, Google, Sony und der Telekom bescheinigen die Experten eher ein Feigen- als ein Ruhmesblatt.

Angesichts des wachsenden ökologischen Bewusstseins der Gesellschaft und Investoren sowie der politischen Vorgaben wie Berichtspflichten kommt kaum mehr ein Unternehmen umhin, sich zumindest Gedanken über eigene Nachhaltigkeit zu machen. Mehr oder weniger ernsthaft werden dann Verbesserungspotenziale gesucht und Ziele abgesteckt, an deren Ende meist eine selbsterklärte Unbedenklichkeitsbescheinigung steht. Schon länger kritisieren Umweltverbände, dass diese im Wesentlichen auf eigenen Einschätzungen und Definitionen basieren und damit für Verbraucher, Kunden und vor allem den Klimaschutz nicht allzu viel wert sind. Konkreter beziffert diese Diskrepanz jetzt der aktuelle „Corporate Climate Responisbility Monitor“ des NewClimate Institute in Zusammenarbeit mit Carbon Market Watch, der die Klimaschutz-Versprechen von 25 Großunternehmen unter die Lupe nimmt und einem Faktencheck bezüglich ihrer real davon zu erwartenden Wirkung unterzieht. „Unser Ziel war es eigentlich, so viele nachahmenswerte Best Practises wie möglich zu finden“, erklärt Studienleiter Thomas Day vom NewClimate Institute die Intention des Projekts.

Das Ergebnis ist jedoch eine regelrechte Watsche für fast alle der überprüften Firmen, ihre Nachhaltigkeitsmanager und grünen Marketing-Beschwörungen. Denn statt der erhofften vorbildlichen Handlungsempfehlungen fanden die Forscher vor allem reichlich Schummeleien und Schönfärberei: „Wir waren ehrlich gesagt überrascht und enttäuscht über die tatsächliche Glaubwürdigkeit der Behauptungen der Unternehmen“, resümiert Day. Besonders verdeutlicht das die Betrachtung der 13 selbsternannten Musterschüler, die mit Aussagen wie „klimaneutral“ oder „Netto-Null“ eine vollständige Klimaneutralität suggerieren. Statt um die angegebenen 100 Prozent reduzieren sie ihre Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase laut der Studie jedoch tatsächlich nur um durchschnittlich etwa 40 Prozent. Damit ist der Anteil der Übertreibung und des Greenwashings also selbst bei den vermeintlichen Umwelt-Pionieren deutlich größer als der real zu erwartende Effekt ihrer Klimaschutz-Bestrebungen.

In der Einzelbewertung erreicht dabei kein einziges der Unternehmen die Bestnote, die ihnen eine „hohe Integrität“ der gegebenen Klimaschutzversprechen bescheinigen würde. Einzig dem dänischen Logistikkonzern Maersk wird in der Untersuchung immerhin eine „angemessene Integrität“ seiner Behauptungen attestiert. Dass ausgerechnet ein Konzern, der unter anderem Hunderte Containerschiffe über die Weltmeere schickt, an der Spitze liegt, zeigt, dass der Wandel mit ernsthaften Anstrengungen auch wirklich gelingen kann. Die besonders beflissene ITK-Branche erweist sich bei der genauen Betrachtung hingegen eher als kreativ im Marketing, als in echten Klimaschutzanstrengungen.

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