Abmahnmissbrauch jetzt stoppen

Es reicht!

19. Juni 2020, 12:38 Uhr | Martin Fryba
© Gelpi/AdobeStock

Die Anpassung der Mehrwertsteuer zum 1.Juli liefert skrupellosen Anwälten neue Munition. Wann hört der Abmahnwahnsinn auf? Wer stoppt endlich die gewerbliche Abmahnindustrie, die ohne jeglichen moralischen Kompass irrlichtet und Händler ruiniert?

Fressen kommt vor der Moral, und überhaupt outet sich heute jemand als hoffnungslos antiquiert, der dem modernen Zeitgeist mit so etwas wie Skrupel, Anstand oder gar Scham kommt. Wenn es aber noch Stimmen des Gewissens gibt, dürfen sie nicht schweigen. Wenn es noch einen Aufstand der Anständigen geben soll, dann müssen jetzt endlich jene aufstehen und handeln, die das weltweit einmalige und gefährlich aus dem Ruder gelaufene deutsche Instrument der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung stoppen können.

Sie heißen IDO, Weteg, Fareds – Serienabmahner, die Online-Händlern das Leben schwer machen –  und sie stehen stellvertretend für noch viel mehr Abmahner, die im Auftrag angeblich geschädigter Unternehmen deren Wettbewerber ins Visier nehmen. Meist geht es um Kleinigkeiten: Eine fehlende oder fehlerhafte Angabe im Impressum eines Online-Shops, in den AGB, bei Lieferfristen oder, ganz aktuell: falsche Mehrwertsteuerauszeichnung, wenn ab 1. Juli die Corona-bedingten Senkungen bis Jahresende in Kraft treten.

Es wird eine Sonderkonjunktur geben für die ohnehin boomende Abmahnindustrie und deren skrupellose Anwälte (CRN berichtete). Eigennutz geht ihnen stets vor Gemeinwohl. Sie zögern keinen Augenblick, bei einem durch die Konsumkrise am Abgrund stehenden Händler den Sargnagel einzuschlagen, den er auch noch selbst bezahlen muss. Streitwerte phantasieren die Abmahner willkürlich nach oben, Kosten in vierstelliger Höhe sind keine Seltenheit. Massenbriefe und effizient strukturierte logistische Abläufe haben die gewerbliche Abmahnung zu einem blühenden Geschäftsmodell werden lassen. Eine Geldruckmaschine für Anwälte.

Das nur in Deutschland so existierende Instrument der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung basiert auf der Idee, dass Marktteilnehmer unlauteren Wettbewerb selbst regulieren könnten, Gerichte damit überflüssig wären und entlastet würden. Doch gut gemeint, verkehrt sich hier seit vielen Jahren ins Gegenteil. Mit fatalen Folgen für Existenzen und die Volkswirtschaft: Start-ups oder Freiberufler ohne  Rücklagen können durch die Praxis der Abmahnungen ruiniert werden. Dieses Risiko spitzt sich jetzt durch temporäre Gesetzesänderungen wie bei der Mehrwertsteuer noch mehr zu.

Jetzt wäre die Gelegenheit, dass der Gesetzgeber den Abmahnmissbrauch endlich konsequent beendet. Statt sie zu ruinieren, könnten Tausende redliche Händler Existenzen aufbauen und Arbeitsplätze schaffen. Daran hindern sie gewissenlose Anwälte, die gewerblich abmahnen. Sie müssen dringend gestoppt werden. Es reicht!

 

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