Projekt „Euro-Q-Exa“

Leibniz-Rechenzentrum wird Quantencomputer-Standort

10. Oktober 2022, 16:03 Uhr | Lukas Steiglechner
© LRZ

Das European High Performance Computing Joint Undertaking hat beschlossen, das Leibniz-Rechenzentrum zu einem europäischen Quantencomputer-Standort zu machen. Das LRZ konnte mit seinem Projekt „Euro-Q-Exa“ überzeugen. Die Idee: Quantenprozessoren in Supercomputing integrieren.

Das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften soll ein europäischer Quantencomputer-Standort werden. Dieser soll in einen klassischen Höchstleistungsrechner integriert werden. Das beschloss das Governing Board der European High Performance Computing Joint Undertaking (EuroHPC JU). Als eines der drei nationalen Höchstleistungsrechenzentren des Gauss Centre for Supercomputing (GCS) hatte sich das LRZ bei der europäischen Ausschreibung beworben und die Geldgeber überzeugt. Die Idee des Projekts „European Quantum Computing for Exascale-HPC“, kurz Euro-Q-Exa: Quantenprozessoren ins Supercomputing zu integrieren und auf diese Weise die neue Computer-Technologie besser steuerbar sowie für AnwenderInnen nutzbar zu machen.

Mit Europas Quantencomputer wird ein breites Spektrum von Anwendungsszenarien für unterschiedlichste Forschungsdisziplinen sowie für Wirtschaft und Gesellschaft erforscht werden. Finanziert wird das Vorhaben durch Mittel der EuroHPC JU, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie der Hightech Agenda des Freistaats Bayern.

Partnerschaften und Synergien nutzen für den Aufbau

Quantencomputing als Technologie setzt aktuell dazu an, aus dem Experimentierstadium in die Breite der Anwendungen zu gehen. Rechenzentren in aller Welt, darunter das LRZ, testen bereits die ersten Quantenprozessoren und machen sie ihren NutzerInnen zugänglich. Für den breiten Einsatz fehlen aber noch Betriebssysteme, Entwicklungsumgebungen, Software und Tools zur Steuerung von Quantum Processing Units (QPU) sowie zur Optimierung und Kontrolle ihrer Rechenleistungen. Zum Aufbau des Quantencomputers forderte Europa ein hybrides System, in dem Quantenprozessoren in Supercomputer integriert werden, diese beschleunigen aber zugleich durch sie angesteuert werden können. Das LRZ kann dabei schon auf praktische Erfahrung sowie auf Ergebnisse und Synergien bauen, die sein Quantum Integration Centre (QIC) mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft in diversen Forschungsprojekten erarbeitet.

In einer Innovationspartnerschaft mit Hardware-Anbietern entwickelt und modifiziert das bayerische akademische Rechenzentrum außerdem die Technologie für einen innovativen Höchstleistungsrechner, der mehr als eine Trillion Rechenoperationen pro Sekunde (Exascale: 1018) schafft. Darin sollen zukünftige Quantenprozessoren ihren Dienst tun.

„Wir freuen uns über die Entscheidung der EuroHPC-JU, nicht nur für das LRZ, sondern auch für den Standort München und das Munich Quantum Valley (MQV). Das ist ein großer Vertrauensbeweis in unsere bisherigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die wir nun konsequent in ein System für die Anwenderinnen und Anwender überführen werden. Das LRZ und sein Team für Quantencomputing und Quantentechnologien sind hochmotiviert, zusammen mit Kooperationspartnern den europäischen, deutschen und bayerischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vielseitige Quantencomputing-Ressourcen zugänglich zu machen – robust, komfortabel und skalierbar“, sagt Dieter Kranzlmüller, Leiter des LRZ.

Schrittweise zum europäischen Quantencomputer

Das Euro-Q-Exa-System wird in zwei Schritten realisiert. Bereits 2023 wird das LRZ den vom BMBF finanzierten Quantendemonstrator Q-Exa für europäische NutzerInnen zur Verfügung stellen. Über ein Ausschreibungsverfahren kommt dann in weiteren Schritten bis 2026 ein 100-Qubit-System hinzu.

Noch ist allerdings unsicher, wo das neue Quantencomputing seine Vorteile am besten ausspielen kann. Die gewünschte Leistungssteigerung der neuen Prozessoren weckt jedenfalls schon Hoffnungen in der Materialwirtschaft, in der (Molekular-)Chemie und Biologie, auch bei der Überprüfung von Software und IT-Sicherheitsmaßnahmen oder bei Optimierungsproblemen – in Forschungsdisziplinen also mit bislang unlösbaren Fragen.

„Die Anforderungen und Pläne der EuroHPC-JU passen genau zu unserer Strategie am LRZ, bei der wir das Quantenrechnen als integrierten Teil des Hochleistungsrechnens sehen: Quantenrechner können nur in enger Kopplung mit Supercomputern ihre Stärke ausspielen. Wir haben ein entsprechendes Konzept bereits für die bisher geplanten Systeme am LRZ erarbeitet. Mit Euro-Q-Exa gehen wir noch einen Schritt weiter und integrieren den Quanten-Softwarestack in die HPC-Knoten. Das wird Latenzen extrem verkürzen und die Flexibilität und die Effizienz beim Einsatz von Quantencomputing optimieren“, sagt Martin Schulz, Mitglied des Direktoriums des LRZ und Professor für Informatik an der Technischen Universität München.


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