US-Urteil gegen Amazon

Marktplätze sollen für Drittanbieter haften

3. Mai 2021, 14:05 Uhr | Lars Bube
© Kevin Carden - AdobeStock

Ein Gericht in Kalifornien hat entschieden, dass Amazon für die Sicherheit der von Drittanbietern über seine Plattform verkauften Produkte mitverantwortlich ist. Das Urteil könnte für Online-Marktplätze zu einem gewaltigen Problem werden.

Ein aktuelles Gerichtsurteil aus Kalifornien könnte Online-Marktplätze zumindest in den USA künftig vor eine gewaltige Herausforderung stellen. In einem bereits seit fünf Jahren laufenden Rechtsstreit entschied das Berufungsgericht des Bundesstaates überraschend, dass der Etailer auch für Sicherheitsmängel an Produkten von Drittanbietern auf seiner Plattform haftbar gemacht werden kann. Damit kassierten die Richter nicht nur den Freispruch für Amazon der Vorinstanz, sondern stießen eine völlig neue Tür hinsichtlich der Verantwortlichkeiten auf Online-Marktplätzen auf – und das ganz bewusst. Sie begründeten ihr Urteil damit, dass »Amazon durch sein Geschäftsmodell zu einem direkten Glied in der vertikalen Vertriebskette gemäß den strengen kalifornischen Haftungsregeln wird«. Somit müsse der Konzern auch dann für die Sicherheit der auf seinem Marktplatz vertriebenen Produkte sorgen und einstehen, wenn diese von Dritten über Amazon an dessen Kunden verkauft werden.

Damit widersprachen die kalifornischen Richter explizit der von Amazon vorgebrachten üblichen Argumentation der Marktplätze, dass man lediglich die technologische Plattform für den Weiterverkauf stelle. Im Anschluss an den Gerichtstermin betonte Amazon laut der Los Angeles Times, dass man sich bereits heute nach Kräften für die Produktsicherheit einsetze, wollte zum Urteil selbst und einer möglichen Berufung jedoch noch keine Stellung nehmen. Rechtsexperten gehen davon aus, dass Amazon und auch andere Marktplätze jetzt genau überprüfen werden, ob und wie sie sich, etwa durch Änderungen an den Geschäftsbedingungen für externe Verkäufer, vor der Mithaftung schützen können. Eine genaue Sicherheitsprüfung aller gelisteten Produkte gilt wegen des enormen Aufwands und der damit verbundenen Kosten als nicht machbar. Und auch das Auslisten aller nicht nach den in Kalifornien üblichen Standards geprüften Produkte dürfte wohl ausscheiden. Immerhin werden in den USA bereits mehr Produkte über den Marktplatz angeboten, als von Amazon selbst, ein gewichtiger Teil davon von Drittanbietern wie Direktimporteuren aus China, wo es kaum entsprechende Bestimmungen und Tests zur Produktsicherheit gibt.

Im konkreten Fall geht es um einen sogenannten »Gyroscooter«, oft auch als »Hoverboard« bezeichnet, den die Kalifornierin Kisha Loomis über einen Dritthändler auf Amazon für ihren Sohn erworben hatte. Als das Fahrzeug nach einiger Zeit beim Laden plötzlich in Flammen aufgegangen war, hatte sie versucht es aus dem Fenster zu werfen und dabei schwere Verbrennungen erlitten. Dafür fordert sie nun auch von Amazon Schmerzensgeld sowie Schadenersatz für den Brand in der Wohnung.

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