Recht auf Reparaturen und ein Index

Noch mehr Elektroschrott, bitte!

25. Januar 2022, 8:30 Uhr | Martin Fryba
© AdobeStock/Cunaplus

Noch für jede Lösung erfinden Industrie und ihre Verbände Probleme. Nicht die wachsenden Berge an Elektroschrott sollten beseitigt werden, vielmehr seien sie ein Segen für die Umwelt. Darauf muss man erst einmal kommen!

Manchmal sei nur ein Kabel gebrochen, eine Lötstelle defekt oder eine Motte habe sich ein Loch in den Lieblingspullover gefressen - deshalb gleich das Gerät oder den Pullover wegwerfen? So wirbt das Repair-Café in Gilching bei München, doch bitte „unsere Naturressourcen und unseren Geldbeutel“ zu schonen. Wer findet schon Berge von Elektroschrott sinnvoll, wovon laut Europäischem Parlament lediglich 42 Prozent des in der EU anfallenden Elektroschrotts recycelt würden. Das Sein prägt das Bewusstsein, hofft das in kirchlicher Trägerschaft betriebene Repair-Café, immer mehr Verbraucher für ihren Service zu begeistern und schließlich immer mehr für den Umweltschutz sensibilisierte Menschen zum Umdenken zu bewegen.

Doch weil das Denken so schwer ist, bisweilen von interessierten Kreisen schwer gemacht wird, das Konsumieren aber kinderleicht, will die Bundesregierung nun handeln. Im Koalitionspapier steht, dass Verbraucher ein gesetzliches Recht auf Reparaturen bekommen sollen. Außerdem will Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) ein Index einführen, aus dem Verbraucher leicht erkennen können sollen, ob ein Smartphone, Tablet, Kühlschrank oder was auch immer für ein CE- oder IT-Produkt leicht zu reparieren sei oder gar nicht. Niemand solle in Zukunft ein „funktionierendes Mobiltelefon wegwerfen müssen, nur weil der Akku nicht mehr funktioniert“, zitiert dpa die Ministerin.

Wieder einmal hat Frankreich vorgemacht, wie schnell doch die vielen realen, aber auch unzähligen Alibi-Hürden der Lobbyisten beseitigt werden können. In unserem Nachbarland gibt es bereits seit Anfang letzten Jahres einen Reparierbarkeits-Index, wie er nun hierzulande geplant werde. Dass die Industrie Ersatzteile für jedes Produkt lange vorhalten muss, versteht sich von selbst.

Es drängt, denn …
Noch ist die Zeit für Gesetze gegen die Wegwerfgesellschaft und überhaupt gegen den Raubbau an der Natur günstig. Bald aber könnte sie abgelaufen sein. Es besteht eine immanente Gefahr im politischen Getriebe vor allem für jene Regierungskräfte, die einen Aufbruch organisieren und den Status quo verändern wollen. Bis Einflüsterer in den Bundesministerien der neuen Regierung wieder so wie früher ungeniert antichambrieren können und auf dem Schoss von Staatssekretären und Juristen sitzend ihnen die Gesetzesvorlagen diktieren, wird es noch eine Zeit lang dauern. Daher drängen Ministerin Lemke und der Verbraucherzentrale Bundesverband. Der warnt bereits vor dem Scheitern eines Gesetzes für ein Recht auf Reparaturen, sollte es bis Mitte März nicht auf den Weg gebracht werden.

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