»Unerlaubte Videoüberwachung«

Notebooksbilliger soll Millionenbuße wegen DSGVO-Verstoß zahlen

8. Januar 2021, 13:23 Uhr | Stefan Adelmann
© Julian Stratenschulte/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Rekordstrafe gegen Notebooksbilliger.de: Der Elektronikhändler soll aufgrund eines Datenschutzverstoßes mehr als zehn Millionen Euro zahlen. Das Unternehmen sieht sich zu Unrecht beschuldigt, spricht von unzureichenden Ermittlungen und der Etablierung eines »möglichst abschreckenden Bußgeldregimes«.

Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen hat eine Geldbuße über 10,4 Millionen Euro gegenüber Notebooksbilliger.de ausgesprochen. Das Unternehmen soll über zwei Jahre hinweg die eigenen Beschäftigten per Video überwacht haben, ohne dass eine entsprechende Rechtsgrundlage vorlag. Demnach hätten die Kameras Arbeitsplätze, Verkaufsräume, Lager und Aufenthaltsbereiche erfasst.

Der Elektronikhändler würde sich somit unter die Unternehmen mit den höchsten im Zuge der DSGVO in Deutschland verhängten Bußgeldern reihen. Angeführt wird die Liste aktuell von H&M mit über 35 Millionen Euro, die Deutsche Wohnen musste 14,5 Millionen Euro Bußgeld zahlen, gleich dahinter könnte nun Notebooksbilliger rangieren.

Doch das Ende der 80er Jahre gegründete Unternehmen aus Sarstedt sieht sich zu Unrecht beschuldigt. CEO Oliver Hellmold bezeichnet das Bußgeld als »völlig unverhältnismäßig«. Er argumentiert, dass Notebooksbilliger.de in dem 2017 eröffneten Verfahren eng mit den Datenschützern kooperiert hätte, um eine vollständige Compliance sicherzustellen. Das Kamerasystem sei laut Hellmold aber stets nur zur Kontrolle des Warenflusses im Einsatz gewesen, nicht jedoch, um Mitarbeitende zu Überwachen. Das sei bei Versand- und Logistikunternehmen Standard. Im Gegenzug wirft der CEO der Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen, Barbara Thiel, sowie der Behörde eine »falsche, unverantwortliche Darstellung« sowie eine unzureichende Untersuchung der Gegebenheiten vor Ort vor. »Es ist absurd, dass eine Behörde ein Bußgeld von mehr als zehn Millionen Euro verhängt, ohne den Sachverhalt ausreichend zu ermitteln«, so der CEO. »Offenbar soll hier auf Kosten unseres Unternehmens ein Exempel statuiert werden, das mit Notebooksbilliger.de nur wenig zu tun hat. Es geht darum, ein möglichst abschreckendes Bußgeldregime in Sachen Datenschutz zu etablieren.«

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Oliver Hellmold Notebooksbilliger.de
Notebookbilliger.de-CEO Oliver Hellmold
© Notebookbilliger.de

»Schwerwiegender Fall«

Auch gegenüber den Datenschützern hat Notebooksbilliger im Zuge des Verfahrens angegeben, die Videokameras nur für die Nachverfolgung des Warenflusses sowie zur Verhinderung von Straftaten zu nutzen. Die Behörde kritisiert jedoch, dass ein Unternehmen besonders zu letztgenanntem Zweck vorerst mildere Mittel wie beispielsweise stichprobenartige Taschenkontrollen prüfen müsste. Eine Videoüberwachung zur Aufdeckung von Straftaten sei zudem nur rechtmäßig, wenn sich ein begründeter Verdacht gegen konkrete Personen richtet. Bei Notebooksbilliger soll die Videoüberwachung aber weder auf einen bestimmten Zeitraum noch auf konkrete Beschäftigte beschränkt gewesen sein. Hinzu kam laut der Behörde die Speicherung der Daten, die deutlich länger als erforderlich gewesen sein soll.

»Wir haben es hier mit einem schwerwiegenden Fall der Videoüberwachung im Betrieb zu tun«, erklärt Barbara Thiel. »Unternehmen müssen verstehen, dass sie mit einer solch intensiven Videoüberwachung massiv gegen die Rechte ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstoßen.« Laut den Datenschützern waren aber auch Kundinnen und Kunden von Notebooksbilliger.de von der Videoüberwachung betroffen, da einige Kameras auf Sitzgelegenheiten im Verkaufsraum gerichtet waren.

Die 10,4 Millionen Euro sind das bisher höchste Bußgeld, das die LfD Niedersachsen unter Geltung der Datenschutz-Grundverordnung ausgesprochen hat. Die Strafe ist jedoch noch nicht rechtskräftig, Notebookbilliger.de hat bereits Einspruch eingelegt, die Höhe des Bußgeldes soll vor Gericht neu bewertet werden. Laut CEO Hellmold nicht nur aus eigenem Interesse, sondern auch, um anderen Unternehmen ein entsprechendes Schicksal zu ersparen: »Wir stehen voll und ganz hinter der DSGVO, aber der aktuelle Umgang mit ihr verursacht enorme Rechtsunsicherheit und bedroht so die Leistungsfähigkeit des Mittelstands in Deutschland. Dadurch leisten Datenschützer ihrem Anliegen am Ende einen Bärendienst.«


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