Der Chiphersteller Qualcomm will innerhalb der nächsten zwei Jahre eigene Prozessoren und GPUs für PCs auf den Markt zu bringen. Diese sollen nicht weniger als die neue „Messlatte für Windows-PCs“ werden und so die Platzhirsche Intel, AMD und Nvidia in die Schranken weisen.
Im Rahmen seines alljährlichen Investorentags hat Qualcomm mit einigen vollmundigen Ankündigungen überrascht. Demnach arbeitet der Hersteller unter Hochdruck an eigenen CPUs und GPUs für PCs und hat dafür große Pläne. Die ARM-basierten Prozessoren sollen das Ende von x86 auf dem PC einläuten und damit die ewige Herrschaft von Intel und AMD beenden. CEO Cristiano Amon erklärte, der Übergang von x86- zu ARM-Prozessoren sei unvermeidbar. Sein Unternehmen werde dabei die Führungsrolle übernehmen und mit den neuen CPUs künftig „die Messlatte für Windows-PCs“ setzen. Schon im Sommer des nächsten Jahres will Qualcomm Beweise dafür liefern und erste Samples seiner ARM-CPUs an Hersteller und Partner verschicken. 2023 sollen dann die ersten damit ausgestatteten Windows-Rechner auf den Markt kommen.
Grundlage für die Prozessoren und den damit verbundenen überbordenden Ehrgeiz sind die Technologie und das Know-how des im vergangenen Jahr für 1,4 Milliarden US-Dollar übernommenen CPU-Herstellers Nuvia, dessen Gründer Gerard Williams III die Hoffnungen personifiziert. Williams war lange Zeit bei ARM und hatte sich schon dort mit Designs wie dem Cortex-A8/A15 den Ruf eines SoC-Gurus erarbeitet. Anschließend war der Ingenieur zu Apple gewechselt, wo er als Chefarchitekt zusammen mit anderen späteren Nuvia-Mitarbeitern wesentlich an der Entwicklung der eigenen iPhone SoCs A7 bis A14 sowie der Apple-Silicon-Prozessoren in Form des M1 beteiligt war. Bei Nuvia hatte das Team dann unter anderem am Projekt „Phoenix“ gearbeitet, einem ARM-Prozessor für Server. Seit der Übernahme konzentrieren sich Williams und seine Mitstreiter jedoch vorwiegend auf Snapdragon-Designs. Bei der Entwicklung der dedizierten GPUs setzt Qualcomm auf die Weiterentwicklung der bisher schon in den SoCs enthaltenen Adreno-Grafikeinheiten. Laut CTO James Thompson sollen diese skaliert werden, um die Leistung aktueller Desktop-Grafikkarten zu erreichen oder gar übertreffen.
Dass Qualcomm die Latte noch vor dem Start seiner ersten Desktop-CPUs und GPUs gleich so hoch legt, ist einigermaßen erstaunlich. Immerhin war das Unternehmen vor einigen Jahren schon im Smartphone-Bereich mit dem Versuch gescheitert, die Konkurrenz mit eigenen Architekturen dauerhaft zu übertrumpfen. Das lag nicht zuletzt am Williams entworfenen Apple A7 auf Basis der ARM-v8-Architektur, mit der 64-Bit und noch einige andere bis dato x86 vorbehaltene Technologien wie die Superskalarität Einzug hielten. Erst nachdem Qualcomm ebenfalls auf leicht angepasste ARM-Cortex-Architekturen umgestiegen war, reüssierten die Snapdragon SoCs zum Gold-Standard der Android-Welt und schlossen wieder zu Apple auf.