E-Commerce-Umsätze plus 14,6 Prozent

Staunen beim Blick in den Warenkorb

26. Januar 2021, 16:22 Uhr | Martin Fryba
Wird 2020 als das Jahr des Durchbruchs beim Online-Lebensmittelhandel in die junge E-Commerce-Geschichte eingehen?
© Rewe

Die Corona-Krise sorgt für boomenden Online-Handel. Soweit, so klar. Dass einzelne Warengruppen regelrecht durch die Decke gingen, überrascht indes. Ein Onlinekanal hat für kleinere Händler besonders an Gewicht zugelegt.

Wie stark Corona-Krise und Lockdown den E-Commerce in Deutschland beflügelt haben, dazu hat der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) jetzt Zahlen für 2020 vorgelegt. Insgesamt ist laut bevh der Bruttoumsatz um 14,6 Prozent auf 83,3 Milliarden Euro gestiegen. Angesichts des auch ohne Pandemie in den letzten Jahren immer zweistellig gewachsenen E-Commerce-Umsatzes ist das gar nicht einmal so hoch. 3,3 Prozent über dem Wachstumsschnitt der drei vorangegangenen Jahre von 11,3 Prozent, so der bevh. Der Blick auf einzelne Warengruppen indes überrascht und auch sonst liefern die  Daten »der größten E-Commerce-Verbraucherstudie Deutschlands«, so der Verband, einige strukturelle Verschiebungen.


Die im Clustern zusammengefasste Warengruppe »täglicher Bedarf« stach beim E-Commerce-Umsatz mit einem Plus von 40,9 Prozent heraus. Am stärksten legte der Verkauf von Lebensmittel mit einem Plus von über 67 Prozent zu, freilich auf niedrigem Umsatzniveau von fast 2,7 Milliarden Euro in 2020. Apothekenversender haben laut den bevh-Zahlen um fast 54 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro ihre Erlöse gesteigert. Der Umsatz mit Drogerieartikeln kletterte um über 35 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Das überrascht doch sehr, waren denn gerade die Läden dieser Händler auch während des Lockdowns weiter geöffnet. Ist das nun der E-Commerce-Durchbruch, auf den vor allem Supermärkte, Discounter und eine stets auf neue Warengruppen schielende Amazon warten?


Jedenfalls sind es nicht mehr Frauen, die vor allem online einkaufen, Männer ab 50 Jahren seien »massiv in den E-Commerce eingestiegen«. 40 Prozent der Verbraucher würden mindestens einmal in der Woche im Internet einkaufen.


Kein Zurück mehr
bevh-Präsident Gero Furchheim jedenfalls meint: »Der E-Commerce ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen«. Das war er freilich teilweise auch schon vor 2020. Aber angesichts des temporär während der Lockdownphase rasant in die Höhe geschnellten Bestellvolumens hätten Online-Händler und die Logistik »ihr Leistungsversprechen erfüllt«. Die Kunden hätten bei der Warengruppe des täglichen Bedarfs so gute Erfahrungen gemacht, dass es kein Grund dafür gäbe, dass sie in den kommenden Jahren Lebensmittel oder Medikamente nicht weiterhin über das Internet kaufen würden.


Zweistellige Umsatzzuwächse haben 2020 unter anderem die Warengruppen Elektroartikel und TK (auf 14,7 Milliarden Euro) sowie Computer, Zubehör und Software (6,66 Milliarden Euro) erzielt. Am wenigsten stieg der Umsatz bei Büchern und E-Books (plus 5,6 Prozent auf 4 Milliarden Euro) sowie Schuhen (plus 9 Prozent auf 4,84 Milliarden Euro).


Einzelhandel und Kommunen unter Druck
»Diese Entwicklung wird sich nicht mehr umkehren«, so der bevh-Präsident. Der E-Commerce und seine Prozesse seien »künftig die Basis, von der aus Kunden ihren Einkauf beginnen«. Das hat Folgen für den Flächenhandel, für Kommunen und nicht zuletzt für die Politik, die den Rahmen setzen muss. »Die Innenstädte und der Einzelhandel brauchen dieses digitale Fundament, um mit ihren stationären Angeboten den Kunden noch Mehrwerte zu bieten. Die Stadtentwicklung muss sich dieser Realität endlich stellen und diejenigen konsequent einbinden, die den neuen Handel gestalten«, fordert er. Klar ist aber auch: Der Onlinehandel könne die Umsatzrückgänge im stationären Handel nicht kompensieren, sagt bevh-Präsident Furchheim.


Online-Marktplätze werden wichtiger
Für Einsteiger seien Online-Handel über namhafte und große Handelsplattformen, die sie einbinden, wichtig. »Der Verkauf über Onlinemarktplätze und Plattformen ist aufgrund der Bündelung von Kunden und Nachfrage heute ein unverzichtbarer Teil jeder E-Commerce-Strategie«, so Gero Furchheim. Die deutsche und europäische Politik habe mit der jüngsten Novellierung des Wettbewerbsrechts »diese Veränderung konstruktiv aufgegriffen, um ein Level Playing Field zu ermöglichen«.
Gerade aber im Vergleich zum stationären Einzelhandel gibt es noch unfaire Praktiken abzubauen. Beispiel Steuerrecht.

Dass in der OECD die Frage einer fairen Besteuerung globaler digitaler Unternehmen angekommen ist, wie Furchheim anmerkt, sei erfreulich. »Dafür haben wir uns stets eingesetzt«. Der bevh-Präsident hoffe, »dass die Parteien in ihren Wahlprogrammen und die nächste Bundesregierung den progressiven Kurs fortsetzen«.

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