Der lange Weg zur Green IT

»Warum? Weil sie Ökos sind? Nein!«

27. November 2020, 5:00 Uhr | Martin Fryba
»Viele RZ-Anbieter gehen mit gutem Beispiel voran. Weil sie Ökos sind? Nein, weil es immer mehr Ausschreibungen gibt, die Green IT fordern«, stellt Franz Obermayer fest, Geschäftsführer Fox IT und Datenschutzexperte
© ICT CHANNEL

TCO, Stromkosten, Energieeffizienz messen, das alles interessiert viele Kunden immer noch viel zu wenig. Der Channel-Sales tut sich schwer mit Green IT und doch gibt es dazu keine Alternative und zudem viele Chancen.

Green IT ist  kein neues Schlagwort in der IT-Branche. Kurz nach der Jahrtausendwende tauchte das Thema im Marketing vieler IT-Hersteller auf, um dann relativ schnell wieder zu verschwinden. Kunden interessierten sich zum  großen Teil nicht für grüne, energieeffiziente Hardware und winken teils bis heute ab. »Wir als Hersteller versuchen oftmals das Thema Kosteneinsparung durch TCO bei Kunden oder in Projektausschreibungen zu platzieren. Leider interessiert das in vielen Fällen nicht, da als primärer Entscheidungsgrund der Anschaffungspreis ausschlaggebend ist«, sagt Matthias Hartmann, Manager Channel-Sales bei NEC Display Solutions. Er hat aber immerhin »Hoffnung, dass sich das ändert«.


Nicht nur im Client-Umfeld ist grüne IT größtenteils kein Verkaufsschlager. Sogar bei Investitionen ins Rechenzentrum blenden vor allem viele mittelständische Kunden Gesamtkostenbetrachtungen aus, im Gegensatz zu Großkunden, die den monitären Vorteil einer grünen IT längst erkannt haben, wie Jan Schriewer von Green IT Das Systemhaus im Interview mit ICT CHANNEL anmerkt. Kosteneinsparungen bei der Anschaffung sind bei vielen immer noch im Hauptfokus, Betriebskosten wie Strom offenbar immer noch nicht. »Die Stromkosten fürs Rechenzentrum waren überhaupt nicht auf der Kostenstelle der IT«, berichtet Markus Wolfer von Cryptshare aus seiner Sales-Zeit bei einem Systemhaus.


Ihm pflichtet Alexander Fuchs von Next Generation IT Solutions bei. Überhaupt erst die Energieeffizienz zu messen, die beispielsweile die RZ-Zertifizierung EN50600 vorschreibt, »sind für die breite Masse vollkommen für die Katz, vor allem bei kleineren und mittelständischen Betrieben«, sagt Fuchs. Er habe einem Kunden vorgerechnet, dass der von Fuchs durchgeführte Hardwaretausch in dessen Rechenzentrum den Stromverbrauch um rund 70 Prozent gesenkt hat. »Zurück kam nur ein müdes Lächeln und der folgende Kommentar: Herr Fuchs, sie kennen doch unsere Laseranlagen. Das was sie da pro Tag einsparen, verbraucht nur eine in fünf Minuten. Und wir haben mehr als 20 davon rumstehen«.


Green IT bei Ausschreibungen gefordert
Pauschal für alle Kunden und Branchen gilt diese Erfahrung freilich nicht. Im Dienstleistungssektor, Handel und in der Pharmazie achte man sehr wohl auf Stromverbrauch, sagt Franz Obermayer, Geschäftsführer von Fox IT. EN50600 sieht er als ersten guten Schritt, und RZ-Anbieter würden hier auch häufig mit gutem Beispiel vorangehen. »Warum? Weil sie Ökos sind? Nein, weil es immer mehr Ausschreibungen gibt, die Green IT fordern«, stellt Datenschutzexperte Obermayer fest, der viele Rechenzentren auditiert.


Dass letztlich auch weniger Hardware mehr Klimaschutz bedeutet, hört man generell nicht gerne. Vom Verzicht leben schließlich Hardware-Hersteller und ihre Partner nun einmal nicht. Konsequente Datenkonsolidierung und damit weniger Storage oder intelligente Lastverteilung der Workloads würde so manche Hardwareerweiterung obsolet machen. Geht es aber, global betrachtet, ums Überleben, wäre weniger mehr. Dass es zu Green IT überhaupt keine Alternative gibt, hat sich in der Politik bereits herumgesprochen. Immer mehr Studien werden dafür sorgen, dass das heute schon vorhandene Potenzial einer nachhaltigen und energieeffizienten, grünen IT durch  Auflagen und Gesetze gehoben werden kann. Das heute noch müde Lächeln der Kunden über Green IT wird aufhören.

 

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