Konzepte für den Digital Workplace

Wer behält da noch den Überblick?

14. November 2022, 9:35 Uhr | Martin Fryba
Technologisches Know-how und eine gute Analyse der Business-Prozesse der Kunden, das gehört für ADN-Chef Hermann Ramacher untrennbar zusammen, wollen sich IT-Dienstleister erfolgreich als Berater, Projektpartner und Betreiber für IT-Arbeitsplatzkonzepte aufstellen.
© ADN

Systemhäuser stehen vor Hürden, ihre Kunden durch den technologischen Dschungel an neuen Arbeitsplatz-Konzepten zu führen. Hybride IT, die vielen Wahlmöglichkeiten, macht das Geschäft nicht einfacher. Blaupausen wären schön, aber so einfach ist es nicht, sagt ADN-Chef Hermann Ramacher im Interview.

ICT CHANNEL: Ein „Digital Workplace“ als Drehscheibe ortsungebundender IT-Arbeitsplätze ist so neu ja nicht. Nach der Pandemie sehen wir teils neue Ansätze, aber die scheinen auch nicht immer gut zu funktionieren. Warum?

Hermann Ramacher: Führt man sich die Gründe für das Scheitern so mancher „New Work“-Einführungen bereits vor Jahren vor Augen, so sind es dieselben Faktoren, die auch in der Post-Pandemie-Zeit noch für Ernüchterung in Unternehmen sorgen: Zu viele Köche, zu viele Tools, keine abteilungsübergreifende Kommunikation und Koordination und eine Chefetage, die zu wenig über unternehmenskulturelle Voraussetzungen und technologische Möglichkeiten für New Work-Arbeitsplatz-Modelle reflektiert.

Also zurück ins Büro, wo die IT offenbar reibungsloser als im Home Office zu funktioinieren scheint?

Ramacher: Ein Zurück ins Büro ist aus vielen Gründen nicht empfehlenswert. Nehmen wir allein den Arbeitsmarkt an sich, der mittlerweile zu einem Arbeitnehmermarkt geworden ist. Unternehmen, die heute keine flexiblen Arbeitsplätze anbieten, obwohl eine Mischform aus Präsenz- und Home-Office möglich wäre, werden auf der Suche nach Fachkräften links liegen gelassen. Es mag noch Fach- und Führungskräfte geben, die zuerst nach dem Dienstwagen fragen. Aber wichtiger ist engagierten Köpfen die Ausstattung ihres digitalen Arbeitsraumes und die Art und Weise, wie sie mit ihren künftigen Kollegen und Kolleginnen vernetzt zusammenarbeiten können. Das „Wo“, der Arbeitsort, verliert an Bedeutung. Vielmehr müssen Unternehmen das „Wie“ erklären können. Doch genau darüber herrscht oft Unklarheit.

Es gibt doch erprobte Technologien. VDI beispielsweise. Ihre ADN ist doch hier auf Beratung der Partner spezialisiert?

Ramacher: Absolut. Aber man muss wissen: Einen technologischen Standard für den Digital Workplace gibt es nicht. „One size fits all“ wäre ja schön. Doch es hat diese eine Blaupause schon bei VDI-Konzepten nie gegeben, und es gibt sie aufgrund der vielfältigen wie faszinierenden Cloud-Innovationen, hybriden IT-Infrastrukturen sowie gefühlt 10.000 und mehr Hersteller-Lösungen auch nicht für den Digital Workplace.  „Wer behält da noch den Überblick?“, mag so mancher IT-Leiter fragen.

Überblick vermitteln? Das ist doch die ureigenste Aufgabe eines IT-Dienstleisters.

Ramacher: Ein Consultant sollte den unwissenden Kunden nicht noch ratloser machen, auch wenn er ihm sicher keine schnelle Adhoc-Lösung wird vorschlagen können. Der Digital Workplace ist kein Produkt von der Stange. Die individuelle Situation des Anwenderkunden ist entscheidend, seine Business- und Kommunikations-Abläufe, seine Arbeitsplatzumgebung, sein IT-Budget und nicht zuletzt seine Wachstumspläne, die unmittelbar mit der Skalierung künftiger IT-Ressourcen korreliert. ‚Ich bin doch kein Unternehmensberater‘, hören wir bei ADN gelegentlich einige unserer Fachhändler klagen.

Und was antworten Sie?

Ramacher: ‚Doch, genau das seid ihr. Und wir helfen euch dabei, genau das zu sein!‘

Dass es nicht nur um Technologie, sondern Prozessberatung geht, ist ja auch kein neuer Trend. ‚Wir wollen beim Kunden nicht als Schrauber, sondern Berater wahrgenommen werden‘, gab vor Jahren schon ein Systemhaus-Chef die Richtung an. Warum tun sich viele IT-Häuser so schwer, in neue Rollen zu schlüpfen?

Ramacher: Es gibt Systemhäuser – oft klein und von einem Inhaber geführt, lange Jahre mit einer (noch) auskömmlichen Zahl an Stammkunden –, die klassische Server-Terminals bereitstellen wollen, also genau so, wie sie das Geschäft eben die letzten 20 Jahre lang betrieben haben. Neue Ansätze wie Cloud-Native-Architekturen, Microservices und Container-Technologien überlassen sie anderen Anbietern. Vielleicht haben sie ihre Gründe für das Festhalten am einmal gelernten Geschäftsmodell – selbst in Zeiten der rasanten technologischen Entwicklung. Die Folge indes liegt klar auf der Hand: Vom Trend zum Digital Workplace werden sie nicht profitieren können! Wenn heutige Unternehmen mit ihrem Fachhändler nicht über Cloud und moderne Arbeitsplatzkonzepte sprechen, dann reden sie ganz sicher mit einem anderen IT-Dienstleister oder MSP darüber.

ADN als VAD profitiert, wenn wir Sie richtig verstehen, von einer hohen Nachfrage nach Cloud-Konzepte für hybride IT im Partnerkanal. Wie gelingt es ADN, Systemhäuser jenseit klassischer VDI für neue Arbeitsplatzkonzepte zu interessieren?

Ramacher: Die enge Kommunikation und der Austausch auf Augenhöhe mit unseren Partnern, ist ein elementarer Ansatz bei ADN. Das Value Added müssen wir uns als Distributor täglich verdienen. Indem wir beim Thema Cloud und Digital Workplace jeden Partner dort abholen, wo er aktuell steht und wo er künftig stehen will – möglicherweise als Managed Service Provider. VADs haben nicht nur den technologischen Überblick über eine Vielzahl von Herstellerlösungen. Sie bündeln bewährte Services, damit Partner ihren Kunden den Weg zu einem Digital Workplace aufzeigen, ihn betreiben und somit dauerhafte Einnahmen damit sichern können. Das reicht bis hin zur Beratung, wie Partner ihrem Vertrieb attraktive Provisionsmodelle im Verkauf von Managed Services ermöglichen.

ADN als Unternehmensberatung für unternehmensberatende IT-Dienstleister?

Ramacher: So ist es. Diese Art Business Consulting für den Channel geht übrigens weit über das hinaus, womit ADN vor 28 Jahren im Verkauf von Lösungen gestartet ist. Die waren schon damals komplex und sind es erst recht heute. Die mit der Cloud-Flexibilität und Wahlfreiheit des IT-Bezugs stets steigende Komplexität ist eine große Herausforderung für alle Player in der IT-Branche. Doch wir, unsere Hersteller und viele Systemhäuser an unserer Seite sehen den technologischen Wandel im Cloud Computing als eine große Chance, den modernen Arbeitsplatz erfolgreich mitzugestalten.


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