Lagerbestand kräftig aufgestockt

Bechtle will kein Broker spielen

16. Mai 2022, 10:20 Uhr | Martin Fryba
Trotz Warenknappheit und Lieferschwierigkeiten verkündet Bechtle-Chef Thomas Olemotz einen Jahresauftakt nach Maß für Deutschlands größtes Systemhaus
© ICT CHANNEL/Fryba

Das gab es bei Bechtle lange nicht: Ein negativer Cashflow von fast 130 Millionen Euro. Das Systemhaus reagiert auf Warenknappheit, füllt sein Lager und doch verzögern sich Projekte. Ganz anders das Software-Geschäft und hier vor allem Bechtle Clouds.

Auch unter schwierigsten Rahmenbedingungen wie vor allem Lieferausfälle gelingt Bechtle ein starker Jahresauftakt. Der Umsatz im ersten Quartal klettert um fast sieben Prozent auf 1,38 Milliarden Euro, der Gewinn vor Steuern gar um mehr als ein Fünftel auf 74 Millionen Euro.

Mit seinen europaweiten E-Commerce-Shops erzielte Bechtle zwischen Januar und März ein Umsatzplus von fast 17 Prozent auf mehr als 536 Millionen Euro. Die Gesellschaften in Frankreich, UK, Irland, Spanien, Portugal, Polen und Ungarn kamen zusammen auf ein Plus von über 18 Prozent, während Deutschland immer noch zweistellig zulegen konnte, nämlich fast zwölf Prozent. Beim Ebit gab es einen Sprung von einem Drittel auf 28,3 Millionen Euro. „Hier hat sich neben Volumeneffekten auch eine konstant niedrige Kostenstruktur positiv ausgewirkt“, so CEO Thomas Olemotz.

Knappheit vor allem bei Netzwerkkomponenten
Fast könnte man meinen, Bechtle würde nicht mit Lieferausfällen kämpfen. Auf Nachfrage von ICT CHANNEL bestätigte Olemotz hingegen, dass die Warenverfügbarkeit Bechtle „schon vor Herausforderungen stellt“. Hersteller seien sehr unterschiedlich von Verfügbarkeiten betroffen. „Überdurchschnittlich schlecht sieht es bei Netzwerkkomponenten aus. Das belastet unser Netzwerkgeschäft“. Herstellernamen nennt Olemotz keine. Bekannt ist in der Branche, dass Cisco aktuell nicht alle Nachfragen bedienen kann.

Bechtle hat sich auf die Allokationen so gut wie möglich eingestellt und sein Lager gut gefüllt. Man kann das am Cashflow ablesen, der im ersten Quartal 2022 minus 127,1 Millionen Euro betrug (Vorjahr 20,6 Millionen). Bei hoher Nachfrage und knappem Angebot, steigen die Preise teils drastisch, hinzukommen massiv gestiegene Lieferkosten. Bei gut gefülltem Lager ist das Risiko des Preisverfalls nahezu ausgeschlossen, eher im Gegenteil: Bechtle, in vielen Produktkategorien lieferfähig, könnte den Bevorratungsvorteil ausnützen, kräftig an der Preisschraube drehen und  Sondereffekte mitnehmen. Broker vor allem im Komponentengeschäft leben seit Jahren prächtig von volatilen Preisen. Nicht so die Neckarlsulmer. „Nein, Bechtle ist definitiv kein Broker“, sagt CEO Olemotz auf Nachfrage von ICT CHANNEL. Bei einem Großteil der Vorräte handelt es sich nämlich um projektgebundene Waren, die aufgrund fehlender Komponenten von Gesamtaufträgen noch nicht ausgeliefert werden konnten. Die Preise seien fest vereinbar, Preisstabilität das Ziel.

Die Gesamtliquidität der Bechtle AG ist mit 267,7 Millionen Euro zum Ende des ersten Quartals 2022 „nach wie vor auf einem sehr komfortablen Niveau“. Obwohl Olemotz keine Entspannung in den Lieferketten der Hersteller sehe, hält er an der Gesamtjahresprognose für das Systemhaus fest. Bechtles Geschäftsmodell sei aufgrund der Diversivität besonders gut gegen Schwankungen gewappnet.

84 Prozent Umsatzplus bei Bechtle Clouds
In Bechtles zweiter Geschäftssäule, dem Segment IT-Systemhaus und Managed Services kletterte der Quartalsumsatz um 1,3 Prozent auf 843 Millionen Euro. Die Erbringung von Dienstleistungen beim Kunden vor Ort sei nach dem Wegfall zahlreicher Coronabeschränkungen wieder vermehrt möglich. Das Ebit stieg somit trotz höherer Kostenbasis um 14,4 Prozent auf 47 Millionen Euro. Besagte Lieferproblematik wirkt sich im Systemhaus aus, Projekte müssen teils lange verschoben werden.

Das Software-und Cloudgeschäft bleibt davon unberührt, was vor allem die Tochtergesellschaft Bechtle Clouds eindrucksvoll zeigt. Gegenüber dem Vorjahresquartal steht ein Umsatzplus von 84 Prozent in den Büchern der von Melanie Schüle geführten Gesellschaft, wie Olemotz verrät. Die Gewinnschwelle habe Bechtle Clouds mit seinen 4.300 Kunden bereits überschritten. Für mehr Skalierung wurde unlängst das Backend modernisiert, nun soll die Plattform von Cloudblue das Onboarding neuer Hersteller wesentlich beschleunigen (ICT CHANNEL berichtete).

Ein Jubiläum feierte Schüle bereits, ein weiteres steht noch bevor. Letzte Woche gratulierten Kollegen und Kolleginnen ihrer Geschäftsführerin zum 50. Geburtstag. Und noch in diesem Jahr, so Olemotz, soll die zweistellige Umsatz-Millionengrenze geknackt werden, worauf bei Bechtle traditionell mit Sprudelwasser statt Champagner angestoßen wird.

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