5-Milliarden-Umsatzgrenze fällt bald

Bechtles Erfolgsrezept

14. November 2019, 9:18 Uhr | Martin Fryba
Führt seit über 10 Jahren im Geiste des Bechtle-Mitbegründers Gerhard Schick Deutschlands größtes Systemhaus: Thomas Olemotz
© ICT CHANNEL

Umsatz und Gewinn bei Bechtle kennen seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Dennoch gibt es höchstens Rotkäppchensekt, wenn in diesen Tagen ein alles andere als unbescheidener Rekord bescheiden gefeiert wird. Warum man bei Bechtle keinen Champagner trinkt.

Vielleicht ist es schon bei der Bechtle-Weihnachtsfeier Anfang kommenden Monats soweit, dass man in Neckarsulm die 5-Milliarden-Euro-Umsatzgrenze knackt und ein weiteres Jahr mit Rekordwachstum und – noch wichtiger – Rekordertrag verkünden kann (siehe CRN-Artikel zum dritten Quartal 2019). Die Frage an CEO Thomas Olemotz, ob dann die Champagner-Korken knallen werden, hätte sich CRN eigentlich auch sparen können. Bechtle und protzige Sause? Das geht natürlich gar nicht.


Und trotzdem kultivieren sowohl CRN als auch die Bechtle-Vorstände immer wieder diese amüsante Anspielung auf die Bescheidenheit, die sich ja so passend zum Bild des sparsamen, bisweilen geizigen Schwaben fügt. Fünf Milliarden Umsatz ein Jahr früher als geplant erreicht, Vorsteuergewinn deutlich über 200 Millionen Euro – und es wird Rotkäppchensekt ausgeschenkt, wie Bechtle-Chef Olemotz schmunzelnd erklärt. Fast könnte man meinen, er habe eine Biografie über den Ikea-Gründer Invar Kamprad gelesen, der bis zu seinem Tod letztes Jahr zu einem der reichsten und geizigsten Unternehmer Schwedens zählte.


Muss Olemotz aber nicht. Er hat ja die schwäbische Personifizierung der Ikea-Bescheidenheit quasi vor seiner Haustüre: Bechtle-Mitbegründer und Großaktionär Gerhard Schick. Der immer noch sehr vitale Ex-CEO und Ex-Aufsichtsrat genießt nach wie vor höchsten Respekt in »seinem« Unternehmen. Er ist »Schuld« an Bechtles DNA, zu der Bodenständigkeit und Bescheidenheit gehört wie der Trollinger zum Heilbronner Weindorf. Geizig ist Schick übrigens nicht. Der Bundesverdienstkreuzträger stiftet und nimmt soziale Verantwortung wahr, ebenso wie seine Tochter Karin.


Man kann Bescheidenheit als kalkuliertes Markenzeichen inszenieren, um die eigene Belegschaft kurz zu halten und selber in Saus und Braus leben. Auffällig ist in der IT-Branche eher der Typus strahlender Lebemann, der im Glanz der Öffentlichkeit vor allem gerne opulent lebt – vom Geld, das andere verdienen und anderen gehört.


Schick und seine Nachfolger im Bechtle-Vorstand brauchen nichts zu inszenieren. Sie sind eng verbunden mit der Geschichte des Unternehmensgründers, die die amtierende Spitze freilich unter heutigen Voraussetzungen anders fortschreibt, im Grundsatz aber an den Werten festhält, die Gerhard Schick geprägt haben. Und die er nie abgelegt hat.


Wer als Jüngster von drei Buben nach dem Krieg sehr früh in die Verantwortung der elterlichen Landwirtschaft genommen wurde, weil der Vater aus Stalingrad nicht mehr Heim kam nach Großhöchberg,  wer noch mit Werten wie Pflichterfüllung ganz selbstverständlich aufwuchs, morgens zum Gottesdienst ging und hart arbeitete,  kann und will sich Protz nicht leisten – auch nicht als mittlerweile mehrfacher Millionär und Bechtle-Großaktionär.


Dieses Erbe ist bis heute in der Leitkultur des größten Systemhauses in Deutschland tief verankert und sorgt dafür, dass Bechtle-Vorstände nicht abheben, obwohl sie aufgrund des seit Jahren wachsenden Erfolgs allen Grund dazu hätten, sogar mehr als nur Champagner-Korken knallen zu lassen.


Gut möglich, dass diese Bescheidenheit Bechtle noch sehr lange und weit tragen wird. 2030 will das Systemhaus zehn Milliarden Euro Umsatz schreiben. Gerhard Schick wäre dann 90 Jahre alt und könnte mit CEO Thomas Olemotz auf den neuerlichen Rekord anstoßen – mit Schaumwein aus Ostdeutschland.

 

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