Zwischen Cloud und klassischem IT-Handel

Bruchlinien im Broadline-Geschäft

22. März 2019, 9:53 Uhr | Martin Fryba
»Partnerschaftsinnovationen sind ebenso entscheidend wie technologische Durchbrüche«, erklärt Tim Curran.
© ICT CHANNEL

Der technologische Umbruch in der ITK-Industrie bleibt für die Distribution ein Kraftakt. Die Bilanzen der Broadliner zeigen indes: Die Investitionen in Plattformen und Lösungsangebote beginnen sich auszuzahlen. Im Lichte der Cloud-Zukunft stehen viel zu oft die Chancen im Schatten, die der IT-Handel nach wie vor bietet.

In seinem letzten Jahr als Chef des Global Technology Distribution Council (GTDC) kam Verbandschef Tim Curran noch einmal so richtig in Fahrt. Mit Blick auf den US-Markt zeichnete er eine überaus positive Entwicklung der dortigen Distributoren. Umsatzwachstum in fast allen Sparten, selbst bei Produktkategorien wie PCs, Tablets und Server, deren Erlöse weltweit zurückgehen oder bestenfalls stagnieren. Und weiter führt Curran aus: »In den letzten 24 Monaten haben US-Distributoren 400 neue Hersteller in ihre Portfolios aufgenommen«. Wie viele Hersteller Distributoren auslisteten, weil sie im Vendor-Mix mit Blick auf die Marge durch das Raster fielen, erwähnte der nun im Ruhestand weilende Chef des weltweit größten Distributorenverbands nicht.

Nichts anderes erwartet man freilich von einem Lobbyisten, der seiner Industrie auch im rasanten technologischen Wandel der Märkte ein »Goldenes Zeitalter« bescheinigt. Seine Argumente sprechen in der Tat für eine ungebrochen wichtige Rolle des ITK-Zwischenhandels in einer technologischen Umbruchsphase, wie sie die junge Hightech-Branche so noch nie erlebt hat.

Neue Spielregeln der Vermarkung
Angesichts des rasanten technologischen Fortschritts im ITK-Markt war noch vor einigen Jahren Jahren keinesfalls klar, ob es den im Produkthandel groß und global gewordenen Broadliner gelingen würde, ihre Geschäftsmodelle zügig in Richtung Dienstleistungen mit IT-Services auf- und auszubauen und sich vor allem in der boomenden Plattform-Ökonomie einen Platz zu sichern. »Vor drei Jahrzehnten wurden Distributoren typischerweise als Pick-Pack-Versandmaschinen wahrgenommen, die auch die Finanzierung von VARs und anderen Arten von Wiederverkäufern erweiterten«, so Currant, der fast 17 Jahre an der Spitze des GTDC stand. »Preise, Kredite und pünktliche Lieferung bleiben natürlich kritisch, aber es ist keineswegs klar, worum es bei Distributoren und Lösungsanbietern im digitalen Zeitalter geht«, refektiert der ehemalige Tech Data-Manager alte und neue Rollen im mehrstufigen Vertrieb.

Die Dynamik des ITK-Markts überollt bisweilen alle Akteure im Channel, auf »allen Fronten« müssten Distributoren, Lösungsanbieter und Hersteller gemeinsam »strategische Problemlösungen« angehen. Das klingt zunächst pauschal, doch Currant wird deutlich, wenn er »beispiellose Innovationen« in den Feldern Cloud, Security, IoT, Business Intelligence, mobile Lösungen und hyperkonvergente Infrastrukturen aufzählt und auf neue Spielregeln der Vermarkung abhebt. Was oft übersehen werde für den Erfolg in der vernetzten Ökosystemumgebung, sei eine wieder höhere Abhängigkeit von Partnerschaften.

»Partnerschaftsinnovationen sind ebenso entscheidend wie technologische Durchbrüche«, erklärt Curran, was die Distribution schon immer auszeichnete: Nämlich ein Aggregator von Technologielösungen zu sein, der Zugang zu einem riesigen Netzwerk von Partnern biete, wie es Renée Bergeron, Senior Vice President of Global Cloud bei Ingram Micro, beschreibt. »Das ist das traditionelle Leistungsversprechen, das es schon immer gab und das jetzt durch die Cloud verstärkt wird«, sagt die Managerin.

Um dieses Leistungsversprechen zu erfüllen, mussten Broadliner viel Geld in die Hand nehmen. Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe waren nötig, damit Broadliner überhaupt erst in der Lage waren, SaaS, IaaS, PaaS, gegebebenfalls auch Whitelabel-Marktplätze für Reseller bereit-zustellen oder sogar – wie Ingram Micro mit seiner globalen Sparte Cloudblue – Distributionswettbewerber mit Plattformen auszustatten, die den hohen Kapitaleinsatz und die Unterhaltskosten für einen Marktplatz nicht aufbringen können oder wollen. Cloud-Plattformen, die auch lokale Player wie Wortmann, Komsa, ADN, Tarox oder Bluechip etabliert haben, sind für jeden Distributor unverzichtbar, der im hybriden ITK-Infrastrukturgeschäft seiner Kunden auch in Zukunft gesetzt sein will.


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