Kommentar: Cloud-Computing

Cloud-Computing: Heißer Dampf in alten Schläuchen

27. April 2009, 11:59 Uhr |
Auch nach Veröffentlichung des Open-Cloud-Manifesto bleiben viele Details der Technik ziemlich nebulös. (Foto: Pixelio/Dieter

Nachdem in der Branche schon heftig über fehlende Standards und vernebelte Aussichten bei Clouds diskutiert wird, hat haben 70 Hersteller gemeinsam und ein Papier publiziert, das den Anwendern in luftigen Sätzen das Blaue vom Himmel verspricht.

Die wichtigste Einsicht des Open Cloud Manifesto steht gleich am Anfang des Dokuments: Die Architektur und Terminologie des Cloud-Computing wird klar und präzise definiert, nun ja, als Cloud. Alles klar? Wenn nicht, muss es am Leser liegen. Doch es geht weiter: Da Cloud ein wüstes Konglomerat von selbst nicht immer messerscharf definierten Technologien sei, werde allerorten heftig darüber debattiert, was eine Cloud nun eigentlich sei.

Das will man den Lesern ersparen und lässt das mühselige Unterfangen in diesem Papier dann auch gleich bleiben (wozu hat schließlich der Anwender seinen Kopf?). Stattdessen präsentieren die Autoren ein wildes Potpourri von Zielen und Versprechungen. Skalierbarkeit auf Zuruf, ein stromlinienförmiges Datencenter (Kontur eher wie eine Seekuh oder wie ein schneller Delphin, fragt man sich unwillkürlich), natürlich bessere Geschäftsprozesse und aufs nahezu nicht mehr Wahrnehmbare reduzierte Startup-Kosten. Das alles soll Cloud, was immer das nun auch sein mag, bringen.

Immerhin ringt sich das Papier dazu durch, festzustellen, es gebe auch ein paar Herausforderungen, als da wären Sicherheit, Interoperabilität, Portabilität von Daten und Anwendungen, Governance und Management, Messen und überwachen. Sprich: so ziemlich alles, womit sich CIOs schon seit Jahren herumquälen und was in der schönen neuen Cloud-Welt nun also wieder einmal – zum wievielten Male eigentlich, mögen sich IT-Verantwortliche etwas älteren Datums fragen – zum Problem wird.

Viele Versprechungen

Danach kommen wir zum Bereich Utopie: Denn die 70 Unterzeichner des Manifests versprechen nicht mehr und nicht weniger als freie Wahl, Flexibilität, Geschwindigkeit und die massenweise Verfügbarkeit von geschultem Personal, mit anderen Worten alles, was schon seit Jahrzehnten versprochen und höchstens in Teilbereichen gehalten wird.

Danach kommen Regeln für Cloud-Provider, die immerhin Hoffnung machen, aber nur auf den ersten Blick: Cloud-Provider sollen zusammenarbeiten, um die Probleme zu lösen, dürfen Kunden nicht »einsperren«, sollen alle nur denkbaren Standards implementieren, neue Standrads entwickeln, wo sie nötig sind, die Wünsche der Kunden berücksichtigen und sich überhaupt eng koordinieren. Wohlgemerkt: die Cloud-Provider und nicht (hier liegt der Haken!) die Hersteller, die sie beliefern, oder die Schreiber des Manifests haben sich irgendwie krumm ausgedrückt.

Realität spricht eine andere Sprache

Wie dem auch sei, zurück zu den Tatsachen: Noch heute ist es nicht uneingeschränkt und nur unter Verrenkungen möglich, mehrere Speichersysteme miteinander zu einer logischen Ressource zu verknüpfen. Blade-Server passen nur in ein Enclosure, nämlich das des jeweiligen Herstellers. Neue proprietäre Entwicklungen wie Hewlett-Packards »Virtual Connect« oder Ciscos Unfied Computing System« UCS (mögen sie für sich genommen auch durchaus segensreich sein) häufen sich.

Wer sich das vor Augen hält, weiß auch, dass die Wolkenwelt, von der das Manifest träumt, noch sehr lange ein Schemen an einem fernen, fernen Horizont bleiben wird.


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