New Normal im Channel: Axians

»Corona hat als Wake Up Call gewirkt«

29. Juni 2020, 13:48 Uhr | Martin Fryba
Jacques Diaz, CEO Axians Deutschland: Wird den Ellenbogengruß bevorzugen, wenn es wieder raus zu Kunden und Messen geht
© Axians

Dezentral aufgestellt und im Konzernverbund vernetzt: Fast könnte man annehmen, ICT-Spezialist Axians sei in der »Neuen Normalität« der Post-Corona-Ära schon angekommen. Nicht ganz, wie Deutschland-CEO Jacques Diaz im CRN-Interview erläutert.

Wie schlägt sich der Channel in der nunmehr fast vier Monate währenden Corona-Krise? CRN wollte von  IT-Dienstleistern, Herstellern, Distributoren und Verbänden wissen, wo sie aktuell stehen und mit welchen Auswirkungen auf ihr Geschäft sie aufgrund der Corona-Pandemie mittel- bis langfristig rechnen. Zum Auftakt der Serie »New Normal im Channel« fragen wir bei Jacques Diaz nach, der seit April 2018 als CEO Axians Deutschland leitet.

CRN: »New Normal«, erstmals in der globalen Finanzkrise als Begriff aufgetaucht, wird auch jetzt wieder diskutiert. Steckt der IT-Markt schon in dieser neuen Normalität und was kennzeichnet dieses Neue?
Jacques Diaz: Die Krise hat uns in Deutschland deutlich gezeigt, wo Rückstand in der digitalen Transformation besteht. Die nötigen Investitionen beschleunigen sich nun täglich – von Homeschooling-Plattformen bis zu flächendeckendem Breitbandausbau. Corona hat als  »Wake Up Call« für die Digitalisierung gewirkt, die ich als Teil einer resilienten Volkswirtschaft bezeichnen würde. Laut Prognosen des ifo-Instituts soll der ICT-Markt  in 2020 aber trotzdem nur um rund ein Prozent wachsen, wenn kein zweiter Lockdown kommt. Für die Wirtschaftsleistung in Deutschland insgesamt gehen Wirtschaftsforschungsinstitute von einem Rückgang der zwischen 15 bis 20 Prozent aus.

CRN: Wie schlägt sich Axians in der Corona-Krise?
Diaz: Wir sehen, dass unsere eigenen Software-Produkte beispielsweise für Field Service, Abfallwirtschaft, Smart Government sowie Lösungen für Collaboration und Security gefragter sind als jemals zuvor. Das gilt auch für Angebote im Bereich der Breitbandskalierung, Carrier-Rechenzentren und Managed Services. Als ICT-Marke von VINCI Energies agiert Axians in einem sehr divers ausgerichteten Netzwerk, was Geschäftsfelder und Kundenbranchen angeht. Im gesamten Konzern leben wir eine dezentrale Philosophie, die jede einzelne regionale Business-Unit stärkt. In der Axians in Deutschland läuft das ICT-Geschäft stabil – sowohl im Unternehmensbereich IT-Infrastruktur, den SAP-nahen Lösungen und im Unternehmensbereich Public Software. Im großen Unternehmensbereich Telecom & Carrier hatten wir mit Materialengpässen und vereinzelten Baustellenstopps zu kämpfen, die aber durch Mehrgeschäft im Bereich Funknetze und Carrier-Lösungen kompensiert wurden.

CRN: Wird es, ähnlich wie zuletzt in der Wirtschaftskrise 2007/2008, ein Zurück zu Pre-Corona-Zeiten geben, zu vielleicht noch mehr Wachstum nach überstandener Covid-19-Pandemie?
Diaz: Für viele Kunden ist ein Zurück zu Pre-Corona-Zeiten in Bezug auf Unternehmensergebnisse langfristig realistisch, denn die verstärkte Digitalisierung bringt unschlagbare Vorteile bei Prozessen und Kosten. Die Wertschöpfung ist weiterhin in vielen Branchen so robust, dass sie auch Krisenzeiten übersteht, beispielsweise in der produzierenden Industrie, im Handel oder der Chemie- und Pharmabranche. Andere Branchen jedoch werden sicherlich auch in Zukunft Einschnitte spüren und noch stärker umdenken müssen: Luftfahrt, Verkehr, Retail oder der Eventbereich.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit können hier aber in bisher ungeahnter Form Innovationen in Deutschland freisetzen. Denken Sie nur an autonome Fertigung oder die Straße der Zukunft, die durch Sensoren, E-Ladeinfrastrukturen und vernetzte Services viel mehr sein wird als ein Stück Asphalt.

CRN: Gibt es bei Axians Deutschland bereits feste Pläne für die Nach-Corona-Zeit? Viele Unternehmen wollen stärker dezentralisieren, justieren ihre Produktion oder Sourcing-Strategien neu.
Diaz: Als Systemintegrator und Managed Service Provider mit Geschäftsstellen in ganz Deutschland haben wir bei Beratung, Vertrieb und Backoffice noch stärker als bisher auf Remote Working gesetzt. Dort wo Homeoffice nicht möglich ist – etwa auf Baustellen – ging der Arbeitsalltag unter strenger Einhaltung des Arbeitsschutzes weiter. Da uns aber trotz flexibler Arbeitsplatzmodelle das kollegiale Miteinander sehr wichtig ist, kehren aktuell viele Mitarbeiter in die Büros zurück – unter Beachtung entsprecheder Hygienemaßnahmen natürlich. Unsere Geschäftsstellen sollen weiterhin ein Ort der Zusammenarbeit und des Zusammenkommens für Kollegen sein. Daher sehen wir für die Zukunft einen Mix aus flexiblem Homeoffice, Remote-Working-Modellen sowie physischer Präsenz.

In Bezug auf unser Sourcing fahren wir teilweise unsere eigene Lagerhaltung hoch, damit wir etwaige Lieferengpässe ausgleichen können. Zum Beispiel wachsen wir seit Jahren sehr stark im Bereich Telekom & Carrier beim Funk-, Festnetz und Verkehrswegeausbau. Dort ist die gesicherte Verfügbarkeit von Komponenten wie Antennen, Gerüsten und Glasfaser-Kabel eine elementare Voraussetzung, um das Business aufrechtzuerhalten.

Bei Softwareentwicklung und Beratung setzen wir weiter auf eigene Produkt-Innovationen. Deshalb arbeiten wir noch enger mit dem europäischen Axians-Netzwerk in der Schweiz und Österreich aber auch Kollegen in Holland und Rumänien zusammen. Digitale Güter wie Software skalieren international gleich doppelt – bei Absatzmärkten und Entwicklungskompetenzen. Unsere Dezentralität ist hier eine große Chance.

Dazu gehört auch die Kollaboration mit Startups, die wir künftig im gesamten VINCI Energies-Netzwerk weiter stärken wollen, etwa durch Startup-Challenges oder den Startup-Radar – eine Konzern-Offensive, junge Unternehmen im DACH-Raum zu identifizieren, die wir in das Netzwerk integrieren können. Ein Beispiel ist die Smart City Welt in unserem digitalen Konzernlabor »Digitalschmiede« in Frankfurt, in dem wir die Technologie vieler Tier 1-Partner von Axians wie Cisco, IBM und Microsoft mit Startup-Technologien und eigener IP zusammengebracht haben.

Ein anderes Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist der »Physical Distancing«-Helm, den Axians in der Schweiz und unsere Konzernschwester Actemium gemeinsam entwickelt haben. Ein Bauhelm mit einem Sensor-Mikrorechner misst Distanzen zwischen Baustellenmitarbeitern und alarmiert diese, sobald sie sich einander auf weniger als zwei Meter nähern.

 

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