CRN-Kopfnuss: Silicon Valley Blues

Datenanalyse statt Kirschgeist

27. August 2015, 9:19 Uhr |
© Fotolia, Michael Kvakin

Lawrence Page, der zweite große Larry im Valley, will den Menschen das ewige Leben schenken.

Die Gegend südlich von San Francisco ist als Boom-Region der IT ein Biotop für Persönlichkeiten, die sehr von sich überzeugt sind. Schon vor Jahrzehnten kursierte das Bonmot: »Was ist der Unterschied zwischen Gott und Larry Ellison? Gott glaubt nicht, dass er Larry Ellison ist.« Der Chef des von ihm persönlich aufgebauten IT-Schwergewichts Oracle, legten Spötter nahe, fühlte sich zuweilen allmächtig. Ellison ist inzwischen 71, die CEO-Rolle hat er abgegeben, der starke Mann in seinem Konzern ist er immer noch. Die Zeiten dieses ersten Larry im Silicon Valley, der immer einen flotten Spruch auf den Lippen hatte und durch extravagante Lebensführung von sich reden machte, müssen inzwischen als gute alte gelten.

Nun steht im Valley nämlich ein zweiter, jüngerer Larry im Rampenlicht: der 42jährige Larry Page, Mitgründer und CEO von Google beziehungsweise jetzt dann Alphabet. Über ihn heißt es nicht im Scherz, sondern in vollem Ernst, er wolle der Welt eine neue Ordnung geben, auch wenn seine Angestellten in Kinderzimmern arbeiten müssen. Angeblich wird diese Geisteshaltung – die alten Griechen verwendeten dafür das Wort Hybris – heutzutage Studenten an der Stanford University, der Kaderschmiede des IT-Fortschritts, vermittelt.

Am deutlichsten zeigt sich diese Haltung an der Alphabet-Tochter Calico. Angesiedelt in der Biotech-Industrie, widmet sie sich dem Thema Anti-Aging. Klingt nach Vitaminpillen und Anti-Faltencremes, doch Page hat mehr vor: Die vier apokalyptischen Reiter Demenz, Diabetes, Herz-Kreislauf-Leiden und Krebs will er an ihrer gemeinsamen letzten Ursache packen – der menschlichen Alterung – und sie allesamt eliminieren. Brauchte der Brandner Kaspar in Franz von Kobells Erzählung aus dem 19. Jahrhundert noch ganz viel Kirschgeist, um dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, so soll das im 21. Jahrhundert durch Datenanalyse klappen. Es gehört nicht viel dazu, Larrys Endziel zu erraten: das ewige Leben von seinen Gnaden. Das eingangs erwähnte Bonmot müsste man dann abändern: »Was ist der Unterschied zwischen Gott und Larry Page? Es gibt keinen.«


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