Holistische Prozesstransformation

Der Fokus auf Kosten allein reicht nicht mehr

23. Juni 2022, 15:17 Uhr | Lars Bube
© apinan - AdobeStock

Allzu oft optimieren Unternehmen ihre Prozesse auch im digitalen Zeitalter noch nach alten Mustern, die sich nur auf Kriterien wie die Kosten und Effizienz stützen. Dabei verschenken sie viel Potenzial, das sich mit ein paar einfachen Schritten heben ließe.

Die Digitalisierung zwingt viele Unternehmen zu einer Neubewertung und -Strukturierung fast all ihrer etablierten Prozesse. Richtig angegangen kann die daraus hervorgehende Optimierung eine große Chance sein, die den Firmen mehr finanziellen und organisatorischen Spielraum verschafft. Die etablierten Kriterien wie Kosten, Effizienz und Agilität spielen dabei zwar weiterhin eine tragende Rolle. Um das maximale Potenzial zu heben, muss jedoch etwas weiter gedacht werden, sowohl intern als auch extern. Denn die besten theoretisch erdachten Prozesse helfen wenig, wenn ihre Schnittstellen zur Belegschaft sowie Zulieferern und Kunden nicht passen. Eine Lektion, die manche Firmen in den vergangenen Monaten durch die empfindlich gestörten globalen Lieferketten besonders bitter lernen mussten.

Um die Erfolgsaussichten der Prozessoptimierung zu verbessern, sollte sie mit einem holistischen Ansatz betrachtet von Ende-zu-Ende betrachtet und angegangen werden. Ein besonders wichtiger neuer Faktor ist hier das Experience-Management, mit dem die Erfahrung von Kunden, Mitarbeitern und Zulieferern gezielt erfasst und ins Prozessdesign integriert wird. Je besser dies gelingt, desto reibungsloser werden die neuen Prozesse im Arbeitsalltag integriert und desto effizienter und großflächiger können sie ihre Wirkung entfalten. „Um ihre Mitarbeiter, Kunden und Zulieferer wirklich zu verstehen und die Prozesse ihren individuellen Anforderungen anzupassen, müssen Unternehmen auch das Experience Management in die Prozessoptimierung einfließen lassen“, erklärt Rouven Morato, Co-General Manager Business Process Intelligence bei SAP. „Ansonsten besteht die Gefahr einer Prozessoptimierung zu Lasten der Experience, was sich in Summe sogar negativ auf den Geschäftserfolg auswirken kann.“

Doch wie lässt sich ein entsprechend ganzheitliches Projekt zur Optimierung der Geschäftsprozesse auf- und umsetzen und die neue Dimension des Experience Managements in die Prozesstransformation integrieren? Als Leitlinie dafür empfiehlt die auf Business-Process-Transformation-Lösungen spezialisierte SAP-Tochter Signavio eine Fünf-Schritte-Strategie:

1. Eine Soll-Ist-Analyse erstellen:
Bevor Unternehmen ihre Prozessoptimierung um die Informationen aus dem Experience Management erweitern können, ist eine Inventur nötig. Sie dient dazu, herauszufinden, wie es aktuell um die Experience in den Prozessen bestellt ist. So kann identifiziert werden, welche Abläufe funktionieren und welche nicht. Gleichzeitig verschafft das bereits einen ersten Überblick, an welchen Stellen und aus welchen Gründen Prozesse ins Stocken geraten können. Erst auf dieser Basis erfolgt dann die Definition eines neuen Sollzustandes, der vorgibt, wie soll die Prozesslandschaft am Ende aussehen soll. Diese Soll-Ist-Analyse verschafft Unternehmen auf datengetriebene Art und Weise Klarheit darüber, wo Veränderungen geboten sind, um die nötigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation ihrer Geschäftsprozesse zu schaffen.

2. Die Stakeholder verstehen:
Die Prozessoptimierung nach dem althergebrachten Modell lässt die Wünsche und Erfahrungen der Mitarbeiter sowie externen Stakeholder wie Kunden und Lieferanten komplett außer Acht. Bei der holistischen Business Process Transformation sind sie hingegen wichtige Punkte. Um sie jedoch in ihre Prozesstransformation einbinden zu können, brauchen Unternehmen zunächst belastbare Informationen dazu. Diese können sie etwa aus Umfragen extrahieren. Eine wichtige Hilfestellung ist auch der Net Promoter Score (NPS), der Unternehmen eine wichtige Kennzahl dafür liefert, ob Kunden sie weiterempfehlen würden oder nicht. An dieser Stelle ist besonders wichtig, dass alle internen Abteilungen offen miteinander kommunizieren und ihre Daten für die Planung der weiteren Schritte bereitstellen.

3. Die wichtigsten Touchpoints identifizieren:
Das richtige Verständnis, wo und wie die Beteiligten mit dem internen Prozess in Berührung kommen und interagieren, ist essentiell: Nur so lassen sich die wichtigsten Touchpoints ausmachen. So geht der Kunde beim Kauf eines neuen Smartphones mit Vertrag etwa auf eine Webseite und führt dort seine Bestellung aus. An diesem direkten Touchpoint laufen im Hintergrund allerdings deutlich mehr und komplexere Prozesse ab, von denen der Kunde im besten Fall nichts mitbekommt: Der Anbieter muss das Gerät etwa beim Hersteller anfordern, die Kundendaten in das System einpflegen, die Rufnummer aktivieren und schließlich dafür sorgen, dass die Hardware pünktlich beim Kunden ankommt. Auch sie tragen jedoch wesentlich zur Kundenerfahrung bei.

Einen möglichst detaillierten Überblick solcher Abhängigkeiten und ihrer Anknüpfungspunkte an die Experience bieten Customer Journey Maps. Neben den Kunden lassen sie sich auch auf andere Stakeholder wie Partner, Zulieferer und Mitarbeiter ausrichten. Ihre Datenbasis erlaubt es Unternehmen gezielt Maßnahmen zu ergreifen, die ganzheitlich Mehrwert bringen und nicht etwa auf Kosten der Experience die Effizienz erhöhen oder umgekehrt.

4. Maßnahmen definieren und implementieren:
Sind auf diese Weise die zu verändernden Prozesspunkte identifiziert, können die konkreten Maßnahmen definiert und implementiert werden. Bei diesem möglicherweise disruptiven Schritt ist es essenziell, alle von den Veränderungen betroffenen Mitarbeiter und Stakeholder mit ins Boot zu holen. Dazu muss die Planung der Maßnahmen für die Betroffenen einerseits zumindest in den für sie relevanten Bereichen transparent sein und ihnen deren Zielsetzung vermitteln. Andererseits sollte sie ihnen aber auch Möglichkeiten zur aktiven Mitwirkung bei der Gestaltung bieten. Immerhin sind sie es, die am Ende täglich nach den neuen Regeln arbeiten müssen. Nur so lässt sich Widerstand minimieren, der andernfalls die Transformation erheblich ausbremsen oder blockieren kann.

5. Die Prozesstransformation evaluieren:
Business Process Transformation sollte nie als einmalige oder abgeschlossene Sache betrachtet werden, sondern als fortlaufende Weiterentwicklung, die der stetigen Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung bedarf. Denn die umgesetzten Veränderungen können in der Praxis trotz aller Planung erfolglos bleiben oder ganz neue Probleme aufwerfen. Zudem lässt sich so schneller und agiler auf neue Entwicklungen und Veränderungen reagieren. Deshalb ist es von essentieller Bedeutung, auch nach der Prozesstransformation weitere Evaluierungen für die Optimierung der Business-Prozesse vorzunehmen. Auch hier ist der Net Promoter Score wieder ein guter Anhaltspunkt dafür, genau wie die volle Bandbreite des Experience-Managements. Zeigt sich dabei, dass etwas noch nicht optimal läuft, sollten Unternehmen die nötigen Schritte umgehend erneut anstoßen. „Unternehmen können ihre Prozesse nur nachhaltig verbessern, wenn sie deren Qualität dauerhaft überwachen und per Prozessoptimierung an den nötigen Stellen nachjustieren“, betont Morato.

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