Manipulation beim Musik-Streaming

Die Geister, die ich rief

3. März 2020, 16:21 Uhr | Martin Fryba
© BVMI

Der Bundesverband Musikindustrie feiert einen juristischen Sieg »mit Signalwirkung« gegen Anbieter, die Streaming-Clicks verkaufen. Aber erst die großen Labels setzen mit ihrem kritisierten Abrechnungsmodell die Anreize für Betrug im großen Stil.

Der Bundesverband Musikindustrie (BVMI), der rund 200 Produzenten und Unternehmen mit rund 80 Prozent Anteil am deutschen Musikmarkt vertritt, verklagte eine in Deutschland ansässige Webseite, die damit wirbt, Abrufe von Musikstücken auf Streamingdiensten zu steigern. Der Verband hält ein solches Angebot für illegal. Das Landgericht Berlin habe eine einstweilige Verfügung gegen den Betreiber einer entsprechenden Webseite erlassen, die auf eine Unterlassung dieses Angebots hinauslaufe, berichtet dpa.


Obwohl noch kein endgültiges Urteil vorliegt, wertet BVMI-Vorstandschef Florian Drücke die Durchsetzung der einstweiligen Verfügung wie einen endgültigen juristischen Sieg – weit über den Einzelfall hinaus. »Das aktuelle Verfahren sollte von vergleichbaren Diensten als Signal verstanden werden«, kommentiert Drücke. Es ist davor auszugehen, dass die Musikindustrie nun gegen ähnliche Anbieter scharf vorgehen wird.


So genannte automatisierte »Click-Maschinen« hält der BVMI für »illegale Manipulationen«. In der Tat greifen solche Tools, die die Anrufzahlen von Streams in die Höhe treiben, direkt in das clickbasierte Abrechnungsmodell ein und verzerren die Einnahmen der Musik-Labels und Künstler.


Allerdings kritisieren Interessensvertreter der Künstler genau dieses auf Masse und Abrufe basierende Abrechnungsmodell, das bekannte Musiker begünstigt und kaum eine faire Entlohnung für kleinere Künstler bietet. Pro eine Million Streams fließt rund 1.000 Euro an die Plattenfirma, die zwischen 15 bis 20 Prozent an den Künstler weiterreicht. Allein die Schwelle von eine Million Abrufe zu erreichen, ist für unbekannte Interpreten kaum zu schaffen.


Der Einsatz von Tools, die die Streams automatisiert nach oben treiben, ist natürlich keine Lösung des grundsätzlichen Problems einer fairen Vergütung der Künstler, die auf Streamingeinnahmen angewiesen sind, da der Verkauf von CDs seit Jahren massiv sinkt.


Ihre Interessensvertreter setzen sich denn auch für eine Korrektur des derzeitigen Abrechnungsmodells ein und fordern von den marktführenden Musiklabels BMG, Sony Music, Warner Music und Universal eine Umstellung auf eine nutzer- statt klickbasierte Vergütung. Bislang finden sie aber kein Gehör.

 

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